zweite Novembersitzung des Stadtparlaments

Grosses Finale:

Die erste Sitzung des Stadtparlaments im Advent war gleich auch die letzte ordentliche. Denn das letzte Aufgebot des Jahres, das heuer auf den 13. Dezember angesetzt ist, befasst sich praktisch ausschliesslich mit dem Budget des Folgejahres. So ging es gestern darum, die Traktandenliste so weit wie irgendwie möglich abzuarbeiten. Andernfalls hätte den Parlamentarierinnen und Parlamentariern ein Nachsitzen in Form einer Aufräumsitzung gedroht. Um es vorweg zu nehmen: Der Rat arbeitete angesichts dieser wenig verheissungsvollen Perspektive gestern Abend ausgesprochen speditiv…

Stille Freude:

Bekanntlich hat der vergangene Abstimmungssonntag in personeller Hinsicht zu einer Zäsur in der St.Galler Stadtregierung geführt: Die seit 2013 im Parlament wirkende Maria Pappa (SP) hat die amtierende Bauchefin Patrizia Adam (CVP) im entscheidenden Wahlgang um knapp 200 Stimmen überflügelt. Parlamentspräsident Heini Seger (SVP) gratulierte der neu Gewählten zu Beginn der Sitzung – Pappas Noch-Ratskolleginnen und -kollegen zeigten sich im Vergleich dazu bemerkenswert zurückhaltend; es wurde nicht einmal applaudiert. Über die Gründe lässt sich rätseln. Rücksicht gegenüber der abgewählten Stadträtin fällt als mögliche Begründung dahin. Patrizia Adam war zu Beginn der Sitzung – wie auch Stadtpräsident Thomas Scheitlin und GPK-Präsident Michael Hugentobler – in ihrer Rolle als Kantonsrätin in der Pfalz engagiert, wo sich die Budgetberatungen respektive die Schlussabstimmungen länger hingezogen hatten als erwartet. Da auch Stadtrat Markus Buschor für die ganze Sitzung entschuldigt war, präsentierte sich die Stadtratsbank mit Peter Jans (SP) und Nino Cozzio (CSP) anfangs ausgesprochen linkslastig. Seitens der FDP-Fraktion sei Maria Pappa an dieser Stelle zur Wahl gratuliert, auch wenn wir uns aus parteipolitischer Sicht einen anderen Wahlausgang gewünscht hätten. Wir wünschen ihr eine glückliche Hand in der Ausübung ihrer Amtstätigkeit. Gleichzeitig danken wir der aus dem Amt scheidenden Patrizia Adam für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit.

 

Adventliche Eintracht zum Ersten:

Als erstes Sachgeschäft stand die Finanzierung der Stiftung für Arbeit auf der Tagesordnung. Barbara Frei (FDP) musste ausserplanmässig für den noch immer aufgrund seines Kantonsratsmandats verhinderten GPK-Präsidenten einspringen – eine Aufgabe, die sie mit Bravour meisterte. Die Stiftung für Arbeit ist eine Institution, die mit ihrem Modell der Arbeitsintegration schweizweit Anerkennung findet. Das „St.Galler Modell“ der unternehmerischen Sozialfirma ist eine Stadtsanktgaller Innovation, die massgeblich auf den kürzlich verstorbenen FDP-Stadtrat Hubert Schlegel zurückgeht. Es ist nicht vermessen, von einem eigentlichen Erfolgsmodell zu sprechen. Aktuell beschäftigt die Dock-Gruppe als Tochter der Stiftung rund 1’200 Langzeitarbeitslose. Sie bietet ihnen einen sicheren Arbeitsplatz und die Möglichkeit, einen Teil des Einkommens selber zu verdienen. Das Stadtparlament hat gestern der Finanzierungsvorlage zugestimmt, womit die Stadt der Stiftung Fr. 3 Mio zur Erhöhung des Stiftungskapitals zur Verfügung stellt. In vorweihnachtlicher Eintracht lobten selbst die sonst notorischen Kritiker die Vorlage; nur die SP mahnte, dass die Dock AG nicht einfach zur Beschaffung billiger Arbeitskräfte missbraucht werden dürfe. Dieser Mahnung ist nichts hinzuzufügen. Ausser, dass sich Stiftung und die Dock AG sind sich dessen sehr wohl bewusst sind und die Mahnung somit überflüssig ist.

Adventliche Eintracht zum Zweiten:

Bisweilen spricht man im Parlament auch über Anträge, die niemand gestellt hat. Eine solche Phantom-Debatte begleitete die Erhöhung des Betriebsbeitrags an die Fach- und Koordinationsstelle „gemeindenahe Palliative Care der Stadt St.Gallen“. Man munkelte im Vorfeld der Debatte, von Seiten der Ratslinken würde eine Erhöhung des Betrags um Fr. 12’000 beantragt –  doch dann passierte nichts. Zwar kritisierte der grüne Andreas Hobi die Vorlage und verlangte höhere Investitionen, verzichtete aber auf einen Antrag. Und selbst die SP erachtete den Bedarf für eine Erhöhung als nicht ausgewiesen. Wir geben es freimütig zu: Wir waren überrascht. So überrascht, dass Barbara Frei in ihrem Fraktionsvotum kein Verständnis zeigte für den nicht gestellten Erhöhungsantrag. Nun denn: die heutigen Konditionen werden weitergeführt und damit beschenkte das Parlament die Bevölkerung erneut mit Einstimmigkeit. Selten genug! Die erste Kerze brennt!

Unheiliges in der heiligen Zeit:

Und dann schliesslich stand das städtische Konzept zur Förderung von Kongressen zur Debatte. Den Leserinnen und Lesern dieser Zeilen sei die Vorgeschichte in Erinnerung gerufen: Das Stadtparlament hatte im September eine Vorlage zur Förderung des Kongressstandorts St.Gallen gegen unsere Stimmen abgelehnt (Stichwort Gasttaxenreglement) und einen komplizierten Rückweisungsantrag genehmigt. Eine unheilige Allianz von SP und SVP (!) hatte der Vorlage den Garaus gemacht, unter anderem mit dem Argument, es seien nicht alle Hoteliers für das geplante „Gratis ÖV-Ticket“, das durch eine gesonderte und sehr moderate Gasttaxenerhöhung hätte finanziert werden sollen (wie das notabene in vielen anderen Schweizer Städten längst ohne Probleme funktioniert). Der Stadtrat hat seither verschiedene Massnahmen ergriffen, um den verschiedenen Kritikpunkten Rechnung zu tragen. Gestern stattete er dem Parlament einen Bericht ab. Die altbekannten Berufskritiker aus den Reihen der SVP und der SP gingen – wie schon im September – in Stellung und feuerten in einer unheiligen Allianz ihre Salven ab: SVP-Vertreter Christian Neff verstieg sich zur Aussage, dass er sich von den Hoteliers vorgeführt vorkomme (!). Er rief in den Saal: „Packen Sie in den nächsten Antrag, was Sie wollen!“ SP-Schnellredner Etrit Hasler stand Neff in nichts nach und übte sich wieder einmal in Fundamentalopposition; er fabulierte, der Rückweisungsantrag des Parlaments sei nicht erfüllt und verwarf das Konzept in Bausch und Bogen – nicht ohne drohend auf die nahende Budgetdebatte zu verweisen. Der zwischenzeitlich aus dem Kantonsrat wieder ins Waaghaus geeilte Stadtpräsident Thomas Scheitlin konterte in gewohnt souveräner Manier – und überzeugte offensichtlich eine klare Mehrheit des Parlaments – inklusive der SP. Das Konzept wurde jedenfalls mit wenigen Enthaltungen zur Kenntnis genommen.

In diesem Sinne entlassen wir Sie in eine wunderbare und lichterfüllte Adventszeit. Wir werden nach der Budgetdebatte nochmals und letztmals für 2016 tickern. Materiell dürfte es da einiges zu berichten geben. Lassen Sie sich überraschen!