zweite Maisitzung des Stadtparlaments

Kurz und bündig:

Das erste Traktandum der zweiten Mai-Sitzung drehte sich um einen kurzen Strassenabschnitt in der Altstadt, der seinen Namen durchaus verdient: Hinterlauben. Die Baustelle in der Neugasse lässt schon länger erahnen, dass auch die „Hintere Lauben“ ein neues Gewand erhalten und sich damit dem frischen „Outfit“ der südlichen Altstadt annähern soll. Diese historische Gasse schlummert heute im Dornröschenschlaf und ist wahrlich kein Schmuckstück. Der Kürze der besagten Gasse entsprechend fiel auch die Debatte im Rat nicht allzu lange aus. Trotzdem war es einmal mehr erstaunlich, wie trefflich sich über Details der geplanten Neupflästerung diskutieren lässt. Und so befassten sich die verschiedenen Redner gestern mit Niveauunterschieden, fehlenden Bäumen, Rollstuhl- und Rollatorentauglichkeit, der Herkunft der Steine und deren Zertifizierung. Und am Ende kam es, wie es kommen musste (und aus unserer Sicht auch sollte): Das Parlament genehmigte die Vorlage, sodass diese wunderbare Gasse bald zu neuem Leben erwachen wird!

Noch kürzer:

Man glaubt es kaum, aber es geht noch kürzer: Der Zusatzkredit zur Erneuerung der Mitteldruck-Erdgasleitung von der Sonnen- bis zur Frohbergstrasse wurde nach Kürzestvoten der beiden vorberatenden Kommissionspräsidien (Geschäftsprüfungs- und Werkkommission) vom Parlament genehmigt. Kaum ein Parlamentsmitglied dürfte sich unter einer solchen Leitung etwas Konkretes vorstellen können. Doch der Kürze zuliebe wollen wir diesen Aspekt an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.

Hoch und höher?

Das schon zweitletzte Traktandum des Tages hätte eigentlich das Potenzial gehabt, längere Diskussionen auszulösen. Aber irgendwie schien der 24. Mai nicht für epische Voten gemacht zu sein. Dabei wäre eben dieses Thema durchaus wert, vertieft debattiert zu werden. Das riesige Gebiet nördlich des Bahnhofs St.Fiden und rund um die stadtbekannte, aber in die Jahre gekommene Migros Bach birgt viele  Chancen. Es ist das Gebiet auf städtischem Boden, das heute noch Träume wecken kann. Dieses weitläufige und heute völlig unternutzte Areal an idealer Lage, in unmittelbarer Nähe zum Autobahnanschluss, zum Olma-Gelände, das sogar über einen eigenen Bahnanschluss verfügt und unweit des Kantonspitals liegt, hat das Zeug zu einem neuen Stadtteil. Ideen sind gefragt, städtebaulich intelligente Lösungen sind nicht nur unabdingbar, sondern eine riesige Chance für unsere Stadt. Diese wagt nun – endlich, ist man geneigt zu sagen – den ersten Schritt. Mit dem vom Parlament genehmigten Planungskredit von 1.5 Mio. Franken soll ein Zukunftsbild erarbeitet werden. Und wer weiss, vielleicht will die Stadt hier hoch hinaus! Denn wo, wenn nicht in dieser Talsenke, wären „schöne“ Hochhäuser (bitte nicht in der in unserer Stadt so beliebten „Schiessscharten“-Architektur) geeignet, dem Quartier St.Fiden ein modernes Antlitz zu verleihen – gepaart mit einem attraktiven öffentlichen Raum. Zu diesem Zweck soll unserer Meinung  nach der städtebauliche Ideenwettbewerb möglichst offen gestaltet werden. Denn Fehler, wie sie z.B. beim Bahnhofplatz gemacht wurden, dürfen sich nicht wiederholen. Über die Parteigrenzen hinweg herrschte gestern ein Grundkonsens. Unser Parlament hat von links bis rechts breite Zustimmung signalisiert, dabei die bekannten Grundsatzpositionen bezogen und die Gewichtungen unterschiedlich gesetzt: Die einen wollen Begegnungszonen schaffen, Gewässer öffnen, die anderen v.a. Wohn- und Arbeitsräume verwirklichen. Die Bedeutung des Bahnhofs wird unterschiedlich ausgelegt. Vieles ist im Fluss, spannend ist es allemal, wobei zunächst die Verwaltung, dann das Parlament und am Ende wohl das Volk gefordert sein werden.

Orange oder grün?

Das letzte Geschäft des Tages drehte sich wieder einmal um den öffentlichen Verkehr, liebevoll und fast schon etwas österreichisch anmutend „öV“ genannt. Dieses Mal ging es um ein Postulat aus der orangenen Partei mit dem „C“ im Namen, welches einen „attraktiven öV für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“ verlangt. Was ganz nett tönt, erweist sich bei näherem Hinschauen wieder einmal als Verschleuderung von Steuergeldern. Denn durch die im November 2015 an der Urne beschlossene Begrenzung des Pendlerabzugs bei der Einkommenssteuer fliessen der Stadt mutmasslich rund 1,5 Mio. Franken an zusätzlichen Steuergeldern zu. Die Massnahme war als Beitrag an die Sanierung der Kantonsfinanzen gedacht. Doch was schlagen nun die Postulanten der städtischen CVP vor? Ausgeben! Das Füllhorn soll diesmal die Jugend beglücken. Jene Jugend, die gleichzeitig mittels millionenteurer Kampagnen des Bundesamtes für Gesundheit zu mehr Bewegung animiert wird. Was das schliesslich mit der vielbeschworenen (und auch gestern im Rat bemühten) Förderung des öffentlichen Verkehrs zu tun haben soll, erschliesst sich unserer Fraktion auch auf den zweiten Blick nicht. Gerade jene Zielgruppe, um die es im konkreten Fall geht, steigt nicht wirklich auf den öV um – höchstens vom Velo auf den öV. Verstehen soll das, wer will. Unser Fraktionssprecher Andreas Dudli geisselte das Begehren folgerichtig mit deutlichen Worten, sekundiert wurde er dabei nur von SVP-Fraktionschefin Karin Winter-Dubs. Und damit war klar, dass unser Parlament erheblich erklärte, was orange leuchtet und grün tönt, finanzpolitisch aber definitiv schief in der Landschaft liegt. Es gibt beim besten Willen keine Notwendigkeit, Steuergelder so unmotiviert aus dem Fenster zu werfen. In der Budgetdebatte werden wir dann wieder um 10‘000 Franken mehr oder weniger bei einzelnen Budgetposten streiten; doch wen kümmert das im Mai. Geschenke verteilen soll man dann, wenn grad wieder Geld in der Kasse liegt. Und der Wahlherbst winkt. Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus.