zweite Dezembersitzung des Stadtparlaments

IT kommt zum Rocken.

Schaut man sich die Beschäftigungsentwicklung der Region St.Gallen in den vergangenen Jahren an, so zeigt sich ein ernüchterndes Bild: In Industrie, Handel und Verkauf gingen Arbeitsplätze verloren, die durch den Zuwachs bei den Dienstleistungen nicht kompensiert werden konnten. Das Beschäftigungswachstum in unserer Region basiert zu einem grossen Teil auf neuen Arbeitsplätzen bei staatlichen und sozialen Diensten. Wir sind somit gut beraten, der hiesigen ICT-Industrie den Rücken zu stärken und beizutragen, dass dieser Sektor an Bekanntheit gewinnt und über die Ostschweiz hinaus noch besser wahrgenommen wird. Die Vorlage zur Unterstützung von «IT St.Gallen rockt» geht genau in diese Richtung und wurde von uns für einen bescheidenen Beitrag uneingeschränkt unterstützt. Auch das Gros des Parlamentes sah dies so – nur die SP-Fraktion war kritisch und wollte mit einem Kürzungsantrag die Handbremse anziehen. Dieser wurde abgelehnt; somit steht der weiteren Entwicklung des IT-Clusters St.Gallen nichts mehr im Wege.
CSIO – ein Aushängeschild für St.Gallen. Der Unterstützungsbeitrag an den CSIO sollte von CHF 25’000.00 auf CHF 75’000.00 erhöht werden. Für die FDP ist der CSIO ein wichtiger Beitrag zur Standortförderung – St.Gallen ist während der Austragung national und international stark präsent. Auch die regionale Wertschöpfung darf nicht unterschätzt werden. Die Ratslinke suchte wiederum das Haar in der Suppe – wie ist das mit dem Esel und dem Sack? Nach linker Haltung ist der CSIO ein Anlass für die Hochfinanz und daher des Teufels. Sie stellte daher den Antrag, den Beitrag auf der Höhe von CHF 25’000.00 zu belassen. Stadtrat Buschor sowie das Gros der bürgerlichen Seite kämpften engagiert für die Vorlage – dank zwei Enthaltungen bei den Bürgerlichen (sprich CVP) obsiegte leider der Kürzungsantrag knapp. Damit verpasst St.Gallen einmal mehr eine Chance. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht Konsequenzen auf den Austragungsort hat. Wir werden sehen …!

Budget 2018 – dörf’s no es bizeli meeh si?

Die FDP hat das Budget 2018 des Stadtrates konsterniert zur Kenntnis genommen. Nachdem in den letzten vier Jahren stets ein Überschuss erwirtschaftet werden konnte, war die FDP eigentlich davon ausgegangen, dass der Stadtrat von sich aus den Steuerfuss nach unten korrigieren würde, um endlich das Gleichgewicht wieder herzustellen und mit den umliegenden Gemeinden gleichzuziehen. Dies blieb ein frommer Wunsch. Es bleibe kein Spielraum für derartige finanzpolitische Massnahmen, wie es im Bericht des Stadtrats nüchtern heisst. Schaut man sich das Budget 2018 näher an, ist auch klar wieso: Geradezu mit erschreckender Selbstverständlichkeit präsentiert der Stadtrat wiederum um 2.4% steigende Konsumausgaben. Dazu kommt eine regelrechte Explosion von Stellen und Nettoinvestitionen auf hohem Niveau.

Dem Budget 2018 lässt sich eindrücklich entnehmen, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat verschoben haben. Man wird den Eindruck nicht los, der Stadtrat sei beim Budgetprozess ganz nach dem Motto «dörf’s no es bizli meeh si» vorgegangen. Wohin der Weg mit den stetig steigenden Konsumausgaben führen soll, wird vom Stadtrat nicht erläutert. Es ist der FDP-Fraktion durchaus bewusst, dass das Parlament – und im Übrigen auch die FDP-Fraktion – familienergänzenden Betreuungsangeboten FSA und FSA+ zugestimmt hat. Dies erklärt aber bei weitem nicht das ganze Wachstum der Konsumausgaben.

Äquivalente Höhenflüge spielen sich offenbar auch beim Stellenetat ab. Hemmungslos werden mehr als 38 neue Personaleinheiten geschaffen. Der Zuwachs der Stellen im Vergleich zum letzten Jahr beträgt knapp 100%! Immerhin hat auch der Stadtrat gesehen, dass «der Bedarf an neuen Stellen in der allgemeinen Verwaltung sehr hoch liege» – eine vordergründige Selbstreflexion, allerdings ohne jeglichen Ansatz einer heilenden Wirkung … An dieser Stelle muss in aller Deutlichkeit erwähnt werden, dass in der Stadtverwaltung in den letzten 10 Jahren rund 400 neue Stellen geschaffen wurden. Dieses ungebremste Wachstum, das nun im 2018 erneut einen richtigen Schub erfahren soll, wird die FDP-Fraktion nicht mehr weiter einfach so hinnehmen. Offenbar erliegt der Stadtrat jeglichen Wünschen aus den Direktionen, neue Stellen zu schaffen. So sind zwar neue Stellen nicht à priori schlecht und unter anderem ein Ausdruck von Fortschritt – bspw. hält die Digitalisierung weiter Einzug. Die Sinnhaftigkeit neuer Stellen muss aber zwingendermassen Hand in Hand mit der Aufgabe verknüpft sein, alte Stellen zu hinterfragen. Neue Funktionen, neue Aufgaben oder die Wandelung von Stellen sollten nicht vom Automatismus geprägt sein, den Stellenetat einfach zu erhöhen. Dieser Automatismus ist allerdings der Weg des geringsten Widerstandes …

In der allgemeinen Diskussion war – durchaus vorhersehbar – die Haltung der einzelnen Fraktionen uneinheitlich. Die Linke wollte noch mehr – Kulturförderung nach ihren Vorstellungen lässt grüssen! Aus mehreren Voten ging hervor, dass einzelne Parlamentarier die Rechnung nicht verstehen. Sie sprachen zum Beispiel von direkten Einsparungen in der laufenden Rechnung, wenn man nicht alle Stühle im Espenmoos bewilligt hätte. Zur Erklärung an den nichtwissenden Parlamentarier: Investitionen schlagen sich nicht direkt in der laufende Rechnung nieder; sie kommen erst mit den Abschreibungen. Kurzum: Wären die Espenmoos-Stühle nicht genehmigt worden, wäre die laufende Rechnung nicht um diesen Betrag tiefer. Die SVP versuchte erfolglos, das Budget zurückzuweisen – für uns war die Rückweisung zum aktuellen Zeitpunkt nicht zielführend und fand keine Unterstützung.

Die FDP-Fraktion stellte verschiedene Kürzungsanträge. Unter anderem wollten wir die Unterstützung von Schriften bei der Stadtkanzlei (Bücher über einzelne Themata in der Stadt St.Gallen) im Betrag von CHF 31’600 kürzen – wir fanden leider keine Mehrheit. Ebenfalls keine Mehrheit fand unser Kürzungsantrag des Kontos Entwicklungshilfe und Hilfsaktionen im Ausland um CHF 84’000 (auf das Niveau des Voranschlages 2017). Erfreulicherweise wurde aber der SP-Antrag für die Aufnahme des jährlichen Förderpreises für kulturelles Schaffen im Betrag von CHF 40’000 abgelehnt. Wie bisher wird der Preis alle zwei Jahre vergeben und das ist gut so. Ebenfalls wurde der Antrag zur Erhöhung um CHF 75’000 der «Förderung des aktuellen Kulturschaffens» abgelehnt. Leider wurden wieder CHF 11’000 für die Rechtsberatung des Gewerkschaftsbundes ins Budget genommen (diese wurden vor rund 3 Jahren gestrichen) – die Wiederaufnahme ist für uns unverständlich, bietet doch der Anwaltsverband bereits eine unentgeltliche Rechtsberatung in allen Rechtsgebieten an. Nicht zuletzt stellt der Beitrag eine Subventionierung des Gewerkschaftsbundes dar. Zudem siegte ein SP-Antrag – wieder einmal mit klarer SVP-Unterstützung! –, der den baulichen Unterhalt der Hochbauten um CHF 532’000.00 erhöhte. Stadträtin Pappa kämpfte nur sehr flau gegen den Antrag (ist das gelebtes Kollegialitätsprinzip?!).

Den Antrag der CVP-Fraktion für eine Steuerfussreduktion auf 140% unterstützte die FDP-Fraktion einstimmig, denn nur dieser Druck von aussen kann den Stadtrat dazu bewegen, von sich aus in die Klausur zu gehen, um Konsum und Investitionen in den Griff zu bekommen. Dies ist ein Muss, denn die Stadt St. Gallen schneidet im Gemeindevergleich beim Steuerfuss äusserst schlecht ab. Dass wir nicht mit einer Land-Gemeinde direkt konkurrenzieren können, liegt auf der Hand. Der Steuerfuss ist nicht zuletzt aber ein entscheidender Standortfaktor. Wird der Unterschied zwischen den Gemeinden zu gross, geht Steuersubstrat durch Abwanderung verloren. Als negative Auswirkungen wäre dank sinkender Steuereinnahmen das grosszügige Angebot der Stadt z. B. bei der FSA+ mangels Finanzierungsgrundlage wieder in Frage gestellt. Will die Stadt ein modernes Angebot zur Verfügung stellen, ist den Steuerzahlern Sorge zu tragen. Die Mehrkosten in der Stadt müssen vertretbar sein! Deshalb ist die Senkung des Steuerfusses eine längst überfällige Massnahme. Leider kam der Antrag aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und dank grossmehrheitlicher Ablehnung durch die SVP im Parlament nicht durch. In ihrem Votum versuchte Karin Winter-Dubs die nicht nachvollziehbare Haltung zu erklären – es blieb beim Versuch!

Last but not least bedanken wir uns bei der Verwaltung für die professionelle Arbeit, die wir äusserst schätzen!
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins 2018. Wir freuen uns, Sie im neuen Jahr wiederum über die Parlamentsdebatten zu orientieren.