Waaghausticker September 2022

Die ausgewählten Ergebnisse der Parlamentssitzung vom 13. September 2022 in der Übersicht

Die FDP/Jungfreisinnige-Stadtparlamentsfraktion freut sich, Sie mit der neuesten Ausgabe des Waaghaus-Tickers bedienen zu dürfen und Sie damit aus liberaler Sicht über die Ergebnisse der Sitzungen des St.Galler Stadtparlaments zu orientieren. Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre.

Die ausgewählten Ergebnisse der Parlamentssitzung vom 13. September 2022 in der Übersicht:

An der Sitzung waren 9 Geschäfte traktandiert. Die beiden Geschäfte aus der Werkkommission waren – wie an der letzten Sitzung – unbestritten und wurden ohne Diskussion genehmigt. Zudem befasste sich das Stadtparlament schwergewichtig mit verschiedenen Vorstössen.

Gesichtserkennung – für die Erhöhung der Sicherheit: Linke Kreise möchten mit einer Motion den Einsatz von biometrischen Gesichtserkennungssystemen durch städtische Organe im öffentlich zugänglichen Raum verbieten. Unsere Fraktion teilt die Ängste und Befürchtungen der Motionärinnen und Motionäre nicht. Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Das heisst, das Legalitätsprinzip definiert und begrenzt den Handlungsspielraum des Staates und seiner ausführenden Behörden ganz klar. Wir haben Vertrauen in unsere Institutionen. Im Zuge der technologischen Entwicklungen entstehen immer neue Möglichkeiten, die sowohl zum «Schlechten» als auch zum «Guten» eingesetzt werden können. Dies hat im Falle der automatischen Gesichtserkennung Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Überwachung des öffentlichen Raums. Für uns sind in diesem Zusammenhang insbesondere zwei Punkte zentral:


1. Wir sind der Meinung, dass neue Möglichkeiten zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl beitragen können – gerade vor einigen Wochen war in den Medien zu lesen, dass das individuelle Sicherheitsgefühl in St.Gallen nicht besonders hoch sei. Wenn es gelingt, dieses Sicherheitsgefühl zu verbessern, so hat dies Auswirkungen auf die Lebendigkeit und die Attraktivität der Stadt. Wir alle möchten eine lebendige und attraktive Stadt, in der man sich gerne aufhält und sich sicher fühlt.
2. Aus der Optik der Strafverfolgung ist zu erwähnen, dass neue Möglichkeiten nicht nur dabei helfen, Täterinnen und Täter zu überführen, sondern auch Unschuldige zu entlasten. Wir sind der Meinung, dass es den staatlichen Behörden möglich sein soll, neue Möglichkeiten zu nutzen und für ihre Arbeit einzusetzen – selbstverständlich immer im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit.


Am Beispiel des Reglements über die Videoüberwachung auf öffentlichem Grund ist ersichtlich, wie in einem Rechtsstaat das staatliche Handeln klar definiert ist und dies auch im Hinblick auf neue Möglichkeiten sein soll und sein wird. Die Art. 4 ff. des Reglements halten fest, dass Überwachungsmassnahmen in einem klar abgesteckten Rahmen stattfinden, Aufschaltungen nur unter klar definierten Bedingungen stattfinden, nachträgliche Einsicht in gespeicherte Videoaufnahmen nur auf Anweisung des zuständigen Untersuchungsrichters oder der zuständigen Untersuchungsrichterin erfolgen kann und alles protokolliert und vom Datenschutzkontrollorgan überwacht wird. Schliesslich sind die Daten gem. Art. 3 Abs. 3 Polizeireglement nach 100 Tagen zu löschen. Dasselbe müsste auch für neue Möglichkeiten gelten. Die Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten befürwortet unsere Fraktion grossmehrheitlich – die Polizei soll bei der Verbrechensbekämpfung gleich lange Spiesse zur Verfügung haben wie ihre Gegenspielerinnen und Gegenspieler.
Die Diskussion zog sich ungebührlich in die Länge, was unserer Fraktion die Gelegenheit bot, Einsicht in eine «Fraktionssitzung» der GLP/JGLP-Fraktion zu nehmen. Mehrere ihrer Mitglieder liessen es sich nicht nehmen, ihre Uneinigkeit öffentlich zu diskutieren – in unserer Fraktion wird dies im engeren Kreis erledigt.
Die FDP-/JF-Fraktion befürwortete grossmehrheitlich die Umwandlung in ein Postulat. Leider sah es die Mehrheit des Parlamentes anders und erklärte die Motion für erheblich.


Meldeverfahren anstelle Bewilligungspflicht – Chaos vorprogrammiert: Von ganz links kam das Begehren, die Bewilligungspflicht für politische Kundgebungen und Demonstrationen abzuschaffen und durch ein Meldeverfahren zu ersetzen. Das Postulat liess allerdings offen, wie die Polizei damit ihren Auftrag, für Sicherheit und Ordnung in der Stadt zu sorgen, erfüllen kann. Die Bewilligungspflicht erfüllt eine wichtige Koordinationsaufgabe – die Verweigerung einer Bewilligung darf nie inhaltlich, sondern nur organisatorisch oder sicherheitstechnisch begründet werden. Dass dies nicht der aktuellen Handhabung entspreche, konnte seitens der Postulatsbefürwortenden nicht belegt werden. Unsere Fraktion beanstandete insbesondere, dass die Interessen der übrigen Einwohnerinnen und Besucher der Stadt überhaupt nicht berücksichtigt werden. Die Antwort darauf war lapidar: «Ja, wir wollen stören.»
Der Parlamentspräsident hatte seine liebe Mühe mit der Abstimmung über die Erheblicherklärung, ebenso wie es Parlamentsmitglieder gab, welche den richtigen Knopf auf dem Gerät nicht im ersten Durchgang finden konnten. Nach drei Abstimmungsrunden über die Erheblichkeit und einer Abstimmung über einen Ordnungsantrag entschied das Parlament schlussendlich in unserem Sinne und lehnte die Erheblicherklärung ab.


Felix Keller, Fraktionspräsident


Elisabeth Zwicky Mosimann, Mitglied des Stadtparlaments