Die FDP/Jungfreisinnige-Stadtparlamentsfraktion freut sich, Sie mit der neuesten Ausgabe des Waaghaus-Tickers bedienen zu dürfen und Sie damit aus liberaler Sicht über die Ergebnisse der Sitzungen des St.Galler Stadtparlaments zu orientieren. Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre.
Die ausgewählten Ergebnisse der Parlamentssitzung vom 14. Juni 2022 in der Übersicht:
Revision Lohnzulagen – Wohnsitzzulagen anders einsetzen: Wir danken dem Stadtrat für die Vorlage – auch wenn die Ausarbeitung bedeutend mehr Zeit in Anspruch genommen hat als erwartet. Aus unserer Sicht sind folgende Punkte positiv zu erwähnen:
Die neue Ferienregelung von 5 Wochen für Mitarbeitende unter 44 Jahren können wir nachvollziehen und ist aufgrund der Marktveränderung nötig. Die Anpassung der Treueprämie auf einen längeren Rhythmus (10 Jahre) ist vernünftig; daraus resultieren Einsparungen im Umfang von CHF 0,6 Mio. Die Integration von Inkonvenienz- und anderer Zulagen in den Lohn macht Sinn und vereinfacht das System.
Leider wollte der Stadtrat weiterhin an der Wohnsitzzulage im Umfang von jährlich immerhin rund CHF 2,9 Mio. festhalten, begründet auf wenigen Zeilen. Aus unserer Sicht ist eine Wohnsitzzulage nicht mehr zeitgemäss und der Nutzen fraglich (im Mehrjahresvergleich wohnen nicht mehr städtische Angestellte in der Stadt St.Gallen). Neben St.Gallen kennt zum Beispiel noch Biel eine Wohnsitzzulage; umliegende Gemeinden wie Wittenbach haben die Wohnsitzzulage schon vor Jahren abgeschafft. Wir haben vom Stadtrat mehr Leadership erwartet! Einmal mehr drückt er sich vor einem unangenehmen Entscheid.
Im Namen der geschlossenen FDP-/JF- Fraktion sowie grossmehrheitlich im Namen der GLP-, Mitte/EVP- und SVP-Fraktion stellten wir daher einen Rückweisungsantrag mit folgendem Auftrag an den Stadtrat:
- Die Wohnsitzzulage sei für Neuanstellungen zu streichen;
- Im Sinne einer Übergangsregelung seien die bisherigen Wohnsitzzulagen während max. 15 Jahren beizubehalten. Während dieser Zeitspanne sei die Wohnsitzzulage aber schrittweise zu kürzen;
- Den daraus resultierenden Minderaufwand kann der Stadtrat dazu verwenden, allenfalls nicht marktgerechte Löhne anzupassen.
Unser Antrag ist nicht als Sparauftrag zu verstehen. Es geht uns darum, dass der «alte Zopf» der Wohnsitzzulage abgeschafft wird – dies mit flankierenden Massnahmen. Der Stadtrat hat der GPK aufgezeigt, dass die Stadt grundsätzlich marktgerechte Löhne zahlt. Bei zum Teil jüngeren Mitarbeitenden wie aber auch bei Spezialisten ist dies jedoch nicht immer gegeben, wie einzelne vakante Stellen zeigen. Der Stadtrat erhält mit dem Rückweisungsantrag die Möglichkeit, notwendige Anpassungen vorzunehmen. Uns war auch wichtig, dass die Vorlage als Gesamtes verabschiedet wird, damit das «Geben und Nehmen» spürbar ist.
Die SP stellte ebenfalls einen Rückweisungsantrag – sie wollten den resultierenden Minderaufwand für die Erhöhung der tiefsten Lohnbänder verwenden. Die Fraktionssprecherin hielt aber fest, dass ihre Fraktion eigentlich für die ursprüngliche Vorlage des Stadtrates sei.
Das Parlament unterstützte unseren Rückweisungsantrag – nun muss der Stadtrat nochmals über die Bücher!
Interpellation FDP/JF – wie weiter mit dem Bahnhof Nord?: Wir finden die Antwort des Stadtrates äusserst mager und vermissen ein adäquates Engagement des Stadtrates für dieses wichtige städtische Entwicklungsgebiet. Wir haben zwar mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass in einzelnen Projekten bereits eine positive Entwicklung stattfindet. Unseres Erachtens sieht dies aber wiederum mehr nach Flickwerk aus als nach einem Vorgehen, welches den Namen «Planung» verdient. Wir finden es äusserst fragwürdig, dass der Stadtrat einfach das Ergebnis der strategischen Immobilienbedarfsplanung des Kantons für die Hochschulen abwartet, die ohnehin nicht alle Probleme rund um den Hauptbahnhof lösen kann.
Nicht beantwortet wurde unsere Frage nach der Positionierung des Gebäudes des ehemaligen «Hogar Español». Der Hinweis auf die identitätsstiftende Bedeutung des Klubhauses geht unseres Erachtens völlig ins Leere. Die besondere Bedeutung der Lokalität wurde nicht durch das Gebäude selbst definiert, sondern durch den sich darin befindenden «Hogar Español». Mit dessen Geschäftsaufgabe ist eine leere Hülle zurückgeblieben und die identitätsstiftende Bedeutung des Gebäudes ist Geschichte. Es wäre deshalb angebracht, ungeachtet der Neuvermietung, beim Kanton Vorschläge zur Nutzung von Grund und Boden an dieser Vorzugslage einzubringen. Diesbezügliche Ideen wurden bereits vor Jahren diskutiert – es ist nun an der Zeit, aus der Passivität herauszukommen und mit Visionen in den weiteren Austausch zu gehen. Der Hinweis auf den fehlenden formellen Einbezug in die strategische Planung des Kantons scheint uns übermässig defensiv.
Interpellation FDJ/JF / Mitte/EVP und SVP – Gebühren – sind die Prinzipien konsequent angewendet?: Der Stadtrat hat die Interpellation der bürgerlichen Fraktionen in Bezug auf die Gebühren beantwortet. Die Beantwortung dieser Fragen war leider alles andere als befriedigend; sie beschränkte sich darauf, in allgemeiner Manier das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip darzulegen. Der Stadtrat hat sich dann aber nicht die Mühe genommen, die Gebühren einer genauen Überprüfung zu unterziehen. Er verwies darauf, dass in der städtischen Verwaltung nur in wenigen Bereichen eine Vollkostenrechnung bestehe und daher die Überprüfung eines allfälligen Verstosses gegen das Kostendeckungsprinzip nicht möglich sei.
Mit dieser oberflächlichen Beantwortung der Interpellation ist die FDP/JF-Fraktion nicht zufrieden. Es werden offensichtlich von Gebührenzahlern Gebühren erhoben, deren Höhe mangels Datenlage nicht korrekt erhoben werden kann.
Wir behalten uns vor, in einem entsprechenden Postulat dem Stadtrat nochmals einen Auftrag zu erteilen, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Eingereichte Vorstösse:
- Interpellation: Nachfrageorientiertes Angebot für den öffentlichen Verkehr