Subventionitis vs. Gemeinsinn:
In Anlehnung an die Werbekampagne einer hier nicht namentlich genannten Krankenkasse könnten wir im Falle der nächsten beiden Traktanden von grassierender Subventionitis sprechen, die unser Gemeinwesen mit zuverlässiger Regelmässigkeit und steigender Intensität befällt: Zum Einen hat der Rat einer Erhöhung der Subventionen für die familienergänzende Betreuung von Kindern im Vorschulalter zugestimmt und die Anzahl Krippenplätze um 30 auf 330 erhöht. Das löst jährlich wiederkehrende Mehrkosten von 480‘000 Franken aus. Insgesamt entstehen der Stadt ab 2016 Kosten von 5.28 Mio. Franken für die Beiträge an Kinderkrippen – pro Jahr, versteht sich. Dies ist in der Tat ein grosser finanzieller Brocken, den es zu bewältigen gibt; man muss fairerweise aber zu bedenken geben, dass die zunächst höheren Ausgaben der öffentlichen Hand mittelfristig durch höhere Steuereinnahmen und ein reduziertes Armutsrisiko (insbesondere bei Alleinerziehenden) zumindest teilweise kompensiert werden.
Das Parlament hat auch – und nun wird es wieder liberaler – erhöhten städtischen Subventionsbeiträgen an den Ostschweizer Verein für das Kind (OVK) für die Mütter- und Väterberatung zugestimmt. Dieser privat organisierte Verein leistet seit Jahren einen wertvollen Beitrag im Bereich der Frühförderung. Er folgt den liberalen Grundsätzen „befähigen statt versorgen“ und „Privat vor Staat“: Eltern sollen befähigt werden, ihren Kindern ein gutes Umfeld für die ersten Lebensjahre zu bieten. Der OVK hat sich nach und nach zu einer wichtigen Anlauf- und Beratungsstelle für berufstätige Mütter entwickelt. Da der Verein privat organisiert ist, kann er seine Leistungen auch anderen Gemeinden anbieten; die Stadt muss überdies keine Kosten für die Leitung des Vereins übernehmen, da dieser ehrenamtlich organisiert ist – und notabene von engagierten Freisinnigen geführt wird. Das ist Gemeinsinn in bester Ausprägung!
Subventionen sind – das ist die Moral dieser Geschicht‘ – nicht immer des Teufels; es lohnt sich, genau hinzuschauen. Subventionen sind wenn immer möglich so zu gestalten, dass sie die Eigenverantwortung der Empfänger nachhaltig stärken… damit die Subventionitis letztlich geheilt werden kann!
Bruchbuden-Krimi:
Die letzte Vorlage des Abends lässt sich an Eigentümlichkeiten kaum überbieten. Die Werkkommission (WEKO) hatte im Vorfeld der Parlamentsdebatte einstimmig dem Rückbau des alten Seewasserwerks Riet in Goldach zugestimmt, das der Stadt St.Gallen gehört. Doch kurz vor der Parlamentssitzung ist gestern in bester Halloween-Manier ein „Geisterbrief“ kursiert. Das Schreiben aus dem Jahr 2013 stammt von der kantonalen Denkmalpflege (und soll dem zuständigen Stadtrat Peter Jans bis zur gestrigen Ratsdebatte offenbar nicht vorgelegen haben!?). Im Brief empfiehlt die Denkmalpflege der zuständigen Gemeinde Goldach, das Seewasserwerk unter Schutz zu stellen. Die Gemeinde tat dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht, was auch ihr gutes Recht ist. Nun hat die städtische SP die brisanten Zeilen kurz vor der politischen Debatte im Oktober 2015 (sic!) zugespielt erhalten. Flugs steckte sie die Information einem gewieften Journalisten einer linken städtischen Postille („Saiten“). Besagter Journalist sah sich veranlasst, umgehend eine Breitseite gegen den früheren FDP-Stadtrat Fredy Brunner zu verfassen und das Hohe Lied des Denkmalschutzes anzustimmen. Und die SP fühlte sich – ihren Äusserungen zufolge – verschaukelt. Man habe in der WEKO auf der Basis falscher Grundlagen debattiert und müsse nun das ganze Geschäft nochmals abklären.
Die Angelegenheit ist in mehrfacher Hinsicht unverständlich, um nicht zu sagen grotesk: Wer das Seewasserwerk Riet kennt, kann eigentlich nur den Kopf schütteln. Die „schützenswerte Baute“ ist in Tat und Wahrheit eine Bruchbude ohne wirksames Dach. Regelmässig muss Seewasser aus den Kellerräumen gepumpt werden und die Räume sind teils verschimmelt. Weshalb ausgerechnet die städtische SP und nicht – wenn schon – der zuständige Stadtrat das entsprechende Schreiben der Denkmalpflege zugespielt erhalten hat, erschliesst sich dem Betrachter auch auf den zweiten Blick nicht. Ebenso schleierhaft bleiben die Motive, weshalb ein weitgehend baufälliges Gebäude geschützt werden soll, nachdem die unbestritten wertvolle Teile schon längst entfernt worden sind. Die Ratsmehrheit hat ohne die Stimmen der FDP der Rückweisung des Geschäfts zugestimmt. Die Frage, ob die Ruine am See nun unter Denkmalschutz gestellt werden soll, harrt ihrer Abklärung.
Die Moral dieser Geschicht‘:
In gewissen Kreisen geniesst der Schutz einer modrigen Bruchbude höhere Priorität als die legitimen Interessen der Steuerzahler.