Oktobersitzung des Stadtparlaments

Zurücktretender Daniel

Die Oktobersitzung des Stadtparlaments begann so, wie es in dieser Legislatur schon beinahe schon Routine geworden ist: mit einem Rücktritt. Gestern nahm der BDP-Vertreter Daniel Koster den Hut, dies nach gerade mal 22 Monaten im Rat. Nun, über das dünne Sitzleder der Parlamentarier hat sich auch das „St.Galler Tagblatt“ schon mehrfach negativ geäussert. Es gibt ehrenhafte und durchaus zu respektierende Gründe, weshalb jemand sein Amt schon nach kurzer Zeit wieder zur Verfügung stellt. Und es gibt die anderen. Wer kandidiert, der sollte sich bewusst sein, dass ein Amt auch mit Arbeit verbunden ist. Gleichzeitig geht von einem Mandat eine besondere Faszination aus, die Einen packen kann. Ich meine, dass die Wählerschaft zu Recht darauf vertrauen darf, dass sich jene Personen, welche das Vertrauen bzw. die Stimme der Wählenden geniessen, sich auch über eine längere Zeitdauer für deren Anliegen einsetzen sollten. Alles andere ist Augenwischerei und letztlich unfair.

Zukunftssagende Evelyne

Die alljährliche Budgetdebatte wirft ihre Schatten voraus: SP-Vertreterin Evelyne Angehrn hat schon einmal wortreich verlauten lassen, dass sie eine Erhöhung des Budgets für die sogenannten FSA+-Angebote beantragen werde. Es dürfte spannend sein zu sehen, wie sich dieser Antrag mit den Sparbemühungen des Stadtrats verträgt. Wir erinnern uns: Letzte Woche hat Stadtpräsident Thomas Scheitlin erklärt, dass das Budget 2015 noch knapp akzeptabel sei, und schon geht der Kampf los. Die SP verschanzt sich im Schützengraben, um dort das Füllhorn zu bereiten. Die im Kulturbereich angedachten (moderaten) Streichungen dürften dabei ebenso ins Visier geraten wie die Kürzung der Entwicklungshilfe um Fr. 60’000.- oder die gestraffte Zuordnung von Personalreserven.

Thomas vs. Thomas

Der grün angehauchte Grünliberale Thomas B. wollte die Vorlage zur Fassadensanierung des Pavillons Oberzil kurzerhand zurückweisen lassen, was den anderen, (wirklich) grünen Thomas S. dazu bewog, dem grün angehauchten Thomas seine Unterstützung zu entziehen. Letzterer geriet darüber leicht aus dem Konzept. Und auch der SP-Fraktionschef D. Kehl erkannte rasch, dass er auf verlorenem Posten stand, denn auch er wollte die Vorlage eigentlich zurückweisen. So bemühte er stattdessen das Bild der wehenden Fahnen, mit denen seine Fraktion in diesem Geschäft wohl untergehen werde. Er tröstete sich mit dem Hinweis, dass es danach immerhin rasch vorwärts gehen dürfte. Der dritte Thomas, nennen wir ihn Thomas Sch., konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, genauso wie Patrizia Adam als Schirmherrin der Vorlage.

Zornige Susanne

Werner Kühne und des Schreibers Wenigkeit hatten den Stadtrat um einen Postulats-Bericht ersucht, der aufzeigen soll, wie die Stadtoberen den Herausforderungen bezüglich Mobilität aller Verkehrsträger begegnen wollen, ohne diese gegeneinander auszuspielen. Der Bericht soll schliesslich in ein Mobilitätskonzept münden und konkret aufzuzeigen, welche Massnahmen zu treffen sind. Das Parlament erklärte das Postulat als erheblich und liess sich auch von der selten gehässigen Schimpftirade von Susanne S. (SP) nicht beeindrucken. Die Genannte geisselte unseren Vorstoss als „bestellt“, „völlig überflüssig“ und mit ähnlich schmeichelhaften Worten. Ich werde den Eindruck nicht ganz los, dass der wahre Grund für die linken Giftpfeile ganz woanders liegt: Es war schlicht und ergreifend nicht die SP, welche den Vorstoss einreichte…

Vierrädriger Fredy und Thomas

Das Parlament und die Zuschauer auf der Tribüne kamen gestern in den zweifelhaften Genuss eines 90-Sekunden-Filmchens, das die prekäre Situation für Velofahrer auf St.Gallens Strassen drastisch aufzeigen sollte. Anlass war die Behandlung des Postulatsberichts zum Thema „Velos auf Busspuren“. Da der Film offensichtlich nicht alle Zuschauer restlos sprachlos machte, bot der Referent im Anschluss sein gesamtes rhetorisches Arsenal auf und verwandelte den Stadtrat kurzerhand in vierrädrige Ungetüme: so wurde Fredy Brunner zum Bus, Thomas Scheitlin zum Auto – und dazwischen zitterte der bejammernswerte Markus Buschor als Velofahrer um seinen Drahtesel. Die Problematik mag auf diese Weise zwar etwas deutlicher zum Ausdruck gekommen sein. Aus liberaler Warte wundere ich mich trotzdem regelmässig über den fast religiös anmutenden Eifer, mit dem gewisse Kreise die Anliegen der Velofahrer vertreten. Bedenkt man, dass in unseren Bussen rund 80’000 Personen pro Tag befördert, im Strassenverkehr grosse Mengen von Waren transportiert und durchaus auch eine hohe Anzahl von Personentransporten durchgeführt werden, scheinen bestimmte Kreise davor schlicht die Augen zu verschliessen. Die FDP-Fraktion ist – das sei hier nochmals deutlich gesagt – nicht gegen das Velo, und wir anerkennen auch einen gewissen Handlungsbedarf in Bezug auf das Velonetz im topographisch und klimatisch eher rauhen St.Gallen. So sind Investitionen in dieses Netz nach und nach zu tätigen – aber nur soweit es die Finanzen erlauben und es auch tatsächlich Sinn ergibt.

Überzeugende Barbara

Die gerammelt volle Zuschauertribüne liess es erahnen: das Parlament diskutierte eine emotionale Angelegenheit. Was unter dem Titel „Schulgeld für städtische Sekundarschülerinnen und -schüler an der Katholischen Kantonssekundarschule Flade“ technisch daherkommt, ist in Tat und Wahrheit eine Schicksalsvorlage für die traditionsreiche „städtische Klosterschule“ von weitherum anerkannt hoher Qualität. Unsere Stadtratskandidatin Barbara Frei führte das in ihrem Votum verständlich und umfassend aus. Weil der Kanton seine Beiträge von rund Fr. 2 Mio an die „Flade“ gestrichen hatte, stellt sich die Frage nach der Finanzierung dieser Lücke. Da die „Flade“ bis heute keine Realschule führt, wächst der Druck auf die Schule, sich im Sinne des städtischen Oberstufenkonzepts auszurichten und einen Kulturwandel zu vollziehen. Die Stadt und die „Flade“ stehen seit einiger Zeit in Verhandlungen über die weitere Zukunft der Schule. Stadtrat Buschor zeigte sich optimistisch, dass eine Einigung möglich sei – allerdings brauche dies Zeit. Genau diese Zeit wollte die SP der „Flade“ massiv kürzen, was eine unmögliche Situation bedeutet und die Stadt unter Umständen vor unlösbare organisatorische und finanzielle Fragen stellt. Das Parlament hat dem Ansinnen der SP eine klare Absage erteilt. Es ist schon bemerkenswert, wie gleichgültig diese Partei gegenüber den Lehrern und letztlich auch den Schülern argumentierte. Offensichtlich ist es den Sozialdemokraten nicht nur ein Anliegen, die „Eliteschule Flade“ gnadenlos gleichzuschalten. Es ist für die SP scheinbar auch einerlei, was dies für die Arbeitsplätze und die Schülerinnen und Schüler bedeuten würde. Aus liberaler Sicht kann man sich mit Fug und Recht fragen, ob es wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, das Oberstufenkonzept auch über die Flade zu stülpen und ob es die einzigartige Struktur dieser Schule nicht wert wäre, erhalten zu bleiben. Damit hätten wir auch weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal in der St.gallischen Schullandschaft. Die FDP-Fraktion jedenfalls steht zur katholischen Flade (der Kulturkampf grüsst…). Dies hat Barbara Frei sehr gut zum Ausdruck gebracht. Das Parlament ist dem Stadtrat danach in allen Punkten vollumfänglich gefolgt.