Novembersitzung des Stadtparlaments

Frisches Blut:

Der Lauf der Dinge ist unerbittlich … so auch zu Beginn der gestrigen Parlamentssitzung: auf der Traktandenliste standen einerseits die Ersatzwahl für den scheidenden Schreibenden in die Liegenschaften- und Baukommission (LBK), andererseits galt es, einen Ombudsmann Stellvertreter zu bestellen, nachdem die bisherige Stelleninhaberin ihren Rücktritt auf Ende dieses Jahres erklärt hatte. Beide Geschäfte gingen – wie dies bei unterjährigen Ersatzwahlen üblich ist – ohne irgendwelche Diskussionen über die Bühne: in der LBK sitzt neu der freisinnige Architekt Stefan Keller und als Ombudsmann Stellvertreter amtet Gildo Da Ros, Generalsekretär des kantonalen Volkswirtschaftsdepartements. Bemerkenswert ist wohl nur die «geheime» Wahl des Letzteren, bei der einer der Ratsweibel mit einer Art Schmetterlingsfänger durch die Reihen schreitet und die Wahlzettel einsammelt. So will es das Protokoll. Eigentlich schön in diesen digitalen Zeiten, finden Sie nicht?

Weil nicht sein darf, was nicht sein kann …:

Manchmal staunt der Laie und der Fachmann wundert sich: Der Stadtrat beantragte dem Rat die Beschaffung eines Elektrobusses für die Linie 10 – als Ersatz für den in die Jahre gekommenen Dieselbus auf dieser «Bergstrecke» in der Stadt. Was uns allerdings zu diesem Zweck auf drei (!) dürren Seiten hierfür präsentiert wurde, war doch eher etwas für Schnell-Leser: Fast alle Parteien (die SVP folgte der FDP-Meinung, die CVP rang sich in ihrem Votum auch zu kritischen Bemerkungen durch, die meisten CVP-ler enthielten sich dann aber ihrer Stimme …) sangen das hohe Lied der progressiven Energiestadt, welche nun Taten statt Worte zeige und so ähnlich. Dabei blieb aber vollständig im Dunkeln, weshalb überhaupt der Bus für die Linie Nr. 10 ersetzt werden muss (nach 12 Jahren Einsatz ist «der Zeitpunkt für einen Ersatz gekommen»), welche anderen Antriebe es heute auf dem Markt gibt, weshalb sich keine Testnutzung (zu einem vorteilhaften Preis) aushandeln lässt, oder auch, welche Erfahrungen andere Städte mit alternativen Antrieben gemacht haben. Und: einer deutlichen Mehrheit des Parlaments ist offensichtlich völlig egal, dass dieser E-Bus, der hier beschafft werden soll, satte 250’000.- Franken mehr kostet als ein herkömmlicher Diesel-Bus – und die Batterie überdies absehbar schon bald mit zusätzlichen 215’000 Franken zu Buche schlagen wird. Offensichtlich spielt Geld in diesem Parlament keine Rolle, es ist ja nicht das eigene … Unser Rückweisungsantrag blieb jedenfalls chancenlos und wurde einzig von der SVP unterstützt. Wir hätten erwartet (was wir auch entsprechend beantragt haben), dass der Stadtrat ein Konzept vorlegt, welches die möglichen Antriebe für die Busse der Zukunft evaluiert und insbesondere Testnutzungen aushandelt. Aber eben: man kann unsere hehren Absichten auch ins Gegenteil deuten, wie dies der zuständige Stadtrat Peter Jans tat. Er zeigte sich sehr erstaunt darüber, dass ausgerechnet die FDP, welche doch immer wieder für Innovation und alternative Antriebe stehe, hier gegen die E-Bus-Beschaffung sei. Nun, lieber Herr Jans: wir sind nicht gegen diesen Bus; aber wir meinen, dass drei Vorlagen-Seiten eindeutig zu wenig sind, um eine Investition von 600’000 Franken zu begründen und v. a. vor dem Steuerzahler zu verantworten …

Kennen Sie «Bus-Züge»?:

Dass die FDP nicht einfach gegen den öffentlichen Verkehr wettert, zeigte sich dann sogleich beim nächsten Traktandum, das wir – wie die klare Ratsmehrheit – unterstützten: Es ging um die Beschaffung von 5 Anhängerkompositionen, sogenannten «Bus-Zügen». Wer dieses Wortgebilde nicht kennt, muss sich nicht schämen. Im Grunde sind dies die guten alten Busse mit Anhänger, wie wohl v. a. die etwas ältere Leserschaft noch kennen dürfte. Sie sind allerdings, da muss ich Sie wohl enttäuschen, nicht im Kantonsgrün gehalten … Statt in einem Fahrzeug zuzusteigen wird man die Wahl haben zwischen dem Zugfahrzeug und dem davon getrennten Anhänger. Diese Bus-Züge scheinen viele Vorteile auf sich zu vereinen, indem sie etwa bei geringem Passagieraufkommen schlicht verkleinert werden (Anhänger abhängen), überdies eine sehr engen Kurvenradius bewältigen (wozu, das lassen wir hier mal höflich auf der Seite) und mit Kameras und Notrufknöpfen ausgestattet werden können. Die Ausgangslage für die Beschaffung dieser Kompositionen ist indes – anders als beim vorherigen Traktandum – eine völlig andere: das kantonale Amt für öffentlichen Verkehr als Besteller setzt demnächst ein neues ÖV-Konzept um, welches zwei neue Linien (Wittenbach-Säntispark und Heiligkreuz – St. Josefen) umfasst, worin auch die heutige Linie 3 aufgehen soll. Beide Linien werden integral durch die VBSG betrieben, wozu es natürlich auch Rollmaterial braucht. Die FDP-Fraktion hat diesem Geschäft zusammen mit dem Rat selbstredend zugestimmt; dies allerdings sind – horribile dictu – wiederum Dieselbusse, welche dereinst als flexible Reserve dienen, wenn der Rest der Bussflotte nach und nach elektrifiziert wird.

Geschliffenes St.Gallen:

Nach dem Motto «Vielfalt in der Einheit» stehen in der St.Galler Altstadt nun weitere Gassen für die Neugestaltung an: Die Brühlgasse und Kugelgasse folgen der unausweichlichen Neugestaltungskonzeption und werden saniert und neu gepflastert. Dabei kommen, wie mittlerweile in weiten Teilen der Altstadt, abgeschliffene Steine zum Einsatz. Die Mittelrinne wird dabei mit einem 90cm breiten Gehstreifen versehen, was zwar rund 93’000 Franken teurer ist, aber einem grossen Bedürfnis entspricht. Werner Kühne vertrat die befürwortende FDP Meinung; wir stehen klar für eine lebendige Altstadt; mit der nun bald abgeschlossenen Sanierung der verschiedenen Gassen erweisen wir damit letztlich auch dem städtischen Gewerbe einen grossen Dienst. Und dem ist eigentlich nicht mehr viel beizufügen – ganz wie es auch SVP-Vertreter Heini Seger in seinem ultrakurzen Votum vertrat. Er sprach sich in einem Satz für dieser Vorlage aus!

Adieu:

und damit verabschiedet sich der Schreibende vom «Waaghausticker» und freut sich darüber, dass dieses Format weitergeführt wird. Ich bedanke mich herzlich für Ihr Interesse und grüsse liberal-herzlich …

Dr. Roger Dornier, Stadtparlamentarier