Maisitzung des Stadtparlaments

Transparenz vorweg:

Der Verfasser dieser Zeilen nahm an der gestrigen Parlamentssitzung nicht teil. Da er sich jedoch auf die aufmerksamen Augen und Ohren seiner Fraktion verlassen darf, versucht er sich als auf der Basis der ihm zugetragenen Informationen gleichwohl als Berichterstatter.

Wärme für die Stadt:

Bekanntlich hat Fredy Brunner in seiner Amtszeit als „Energiedirektor“ der Stadt St.Gallen das wegweisende Energiekonzept 2050 auf den Weg gebracht. Die städtische Energieversorgung soll schrittweise auf nachhaltige, erneuerbare Energien umgestellt werden, wobei der Energiebereich Wärme im Fokus steht (kein Wunder bei unserem Klima). Erdöl soll durch Erdgas ersetzt werden und dieses soll mit der Zeit nicht mehr bloss reinen Heizzwecken dienen, sondern auch Strom produzieren. Überdies soll die Abwärme genutzt werden. In diesem Zusammenhang hat das Parlament zu Beginn der Sitzung einen Rahmenkredit von 5 Mio Franken für den Ausbau des Nahwärmeverbundes und die Lancierung des sogenannten Contracting-Geschäfts genehmigt. Mittels Wärme-Kraft-Koppelungen werden Strom und Wärme mit sehr hohem Wirkungsgrad parallel produziert, was für Einzelliegenschaften, aber auch für Nahwärmeverbunde möglich ist. Die Stadt wird vermehrt als Energiedienstleister auftreten und als „Contracter“ Energie- und Wärmeanlagen bauen, unterhalten und betreiben. Als Reaktion auf kritische Voten – auch von unserer Seite – hat Stadtrat Jans bei dieser Gelegenheit seinen ersten Auftritt: er tat dies unaufgeregt, nüchtern… und fast ein wenig kühl. Mehr Wärme für die Stadt…!

 In der Kürze liegt die Würze:

Das Stadtparlament hatte an seiner Mai-Sitzung lediglich fünf Traktanden zu behandeln. Offensichtlich hat dieser Umstand die Debattierlust der Anwesenden befeuert. So liess es sich der Rat einmal mehr nicht nehmen, ein einziges Traktandum – den Postulatsbericht über familienergänzende Betreuung – geschlagene 90 Minuten zu diskutieren. Die Diskussionen entzündeten sich einmal mehr an den finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Während die linke Ratsseite vorsorglich mit dem Füllhorn schwenkte und weitere 800‘000 Franken für 15 Krippenplätze ins Budget stellen will, mahnte Stadtrat Cozzio zu Recht, dass solche Zusatzausgaben durch Einsparungen andernorts oder – horribile dictu (keineswegs ironisch gemeint!) – durch Steuererhöhungen zu finanzieren wären. Das Postulat von Barbara Frei (FDP) wurde nach langer Diskussion und dem Fitnesstest einer Auszählung mit nur einer Stimme Unterschied (!) erheblich erklärt. Der Stadtrat hat damit die Aufgabe gefasst, die Gebührentarife sämtlicher städtischer Betreuungsangebote zu überprüfen. Das Postulat zielt auf eine möglichst kostenneutrale Ausgestaltung der Tarife für die familienergänzenden Betreuungsangebote. Auch sollen – dies ganz auf der liberalen Linie – private Anbieter von nicht subventionierten Krippenplätzen ihre Betreuungsangebote weiterführen können. Der Stadtrat hat aufgrund des Postulats nun entsprechende Massnahmen zu präsentieren. Richtig so. Denn die durchaus berechtigten Anliegen im Bereich der Kinderbetreuung werden je länger desto stärker an den Staat delegiert. Das ist grundsätzlich falsch, weil so die Eigenverantwortung der Eltern geschwächt wird. Die Ratslinke macht es sich viel zu einfach, indem sie immer mehr Steuergelder in eine eigentliche Betreuungsindustrie stecken will, ohne deren Finanzierbarkeit zu hinterfragen und ohne die richtigen Anreize zu setzen. Wir sind gespannt auf die Postulatsantwort der Stadtregierung – wir werden diese im liberalen Geist zu würdigen wissen.

 Quo vadis Betreuungsindustrie?

Wenn wir schon bei der Betreuungsindustrie sind: Die SVP widmet sich offenbar nun auch in St.Gallen ihren (nationalen) Kernthemen. In einer Interpellation präsentiert sie einen umfangreichen, um nicht zu sagen epischen Fragenkatalog zu den Sozialdiensten und der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Der Katalog ist derart massig geraten, dass ihn offenbar kaum jemand lesen mochte. Anders lässt sich die kurze Liste der Mitunterzeichner kaum erklären. Und er brachte den Stadtschreiber Manfred Linke beinahe in Verlegenheit. Denn ausgerechnet SP-Parlamentarierin Maria Pappa, die selber regelmässig mit wortreichen Ausführungen im Parlament auffällt, zeigte sich ob den Fragen der SVP erzürnt. Sie zog in Zweifel, dass so etwas rechtlich überhaupt statthaft sei. Stadtrat Cozzio versicherte, dass die Regierung genau diese Frage immer als Erstes abkläre. Er nahm damit vorweg, was der Stadtschreiber der erbosten Frau Pappa wohl beschieden hätte.