Junisitzung des Stadtparlaments

Schuss in den Ofen

Gefühlte 30 Grad Celsius und eine Luft zum Schneiden lieferten gestern Abend das stimmige Ambiente zur parlamentarischen Beratung der Volksinitiative «gegen die Bodenverschwendung» aus der Feder der städtischen Grünen. Das Volksbegehren fordert für «neu ausgeschiedene Bauzonen […] mindestens […] die Bauklasse 3», was faktisch zu einer verdichteten Bauweise führen würde. Des Weiteren sieht der Initiativtext auch eine sogenannte «Grünflächenziffer» vor, mit Hilfe derer der Grünflächenanteil erhöht werden soll. Dumm nur, dass für solche Wünsche die nötige kantonale Rechtsgrundlage fehlt. Auch sonst fällt auf, dass das Ansinnen rund um die Bauklasse 3 nicht durchdacht ist und so nicht funktionieren kann. Abgesehen von den technischen Details betrifft die Initiative mit ihrer ausschliesslichen Fokussierung auf «neu ausgeschiedene Bauzonen» eine sehr überschaubare Fläche. All dies zusammen macht die Initiative zu einem veritablen Schuss in den Ofen. Diese Botschaft wurde den Promotoren sowohl vom Stadtrat als auch von der Baukommission kommuniziert, wenngleich selbstverständlich in rhetorische Watte gepackt. Stadtparlamentarier Basil Oberholzer und das Initiativkomitee zeigten sich davon indes wenig beeindruckt, obschon sie selbst nicht so recht an ihr ursprüngliches Projekt zu glauben schienen. So sah sich das Stadtparlament gestern gleich noch mit einem eigenen Gegenvorschlag zur Initiative konfrontiert, der ebenfalls von den Initianten eingereicht worden war. Allerdings taugt auch dieser nichts. Schliesslich verstiegen sich die Initianten noch zur Forderung an die Adresse des Stadtrats, ihr Ansinnen (!) umzusetzen. Das Parlament setzte dem Treiben ein Ende, indem es sowohl Initiative wie auch den Gegenvorschlag überaus deutlich ablehnte. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das Anliegen, in St.Gallen verdichtet(er) zu bauen, ist im Grundsatz zu befürworten und kommt dem Ziel entgegen, dass unsere Stadt wachsen soll, ohne dadurch den grünen Ring systematisch zu zerstören. Jedoch ist der von den Grünen gewählte Weg falsch, was sie zwischenzeitlich ja auch eingesehen haben. Die Initiative wird – so zumindest kündigt es das Tagblatt an – offenbar nun doch zurückgezogen. Zielführender als die Initiative wäre es jedenfalls, gemeinsam mit anderen Kräften im Parlament griffige Instrumente zu entwerfen, um eine sinnvolle Verdichtung auf unserem Stadtgebiet zu erreichen.

Schwamm drüber?

Gleich zwei weitere Traktanden haben bereits im Vorfeld der Ratssitzung für mediales Donnergrollen gesorgt – und dies völlig zu Recht! Es geht um zwei Zusatzkredite für die Sanierung und Neugestaltung des Schwimmbades Lerchenfeld einerseits (rund CHF 275’000.-) sowie für das AthletikZentrum andererseits (rund CHF 2.2 Mio). In beiden Fällen handelt es sich um Projekte, die längst abgeschlossen sind (das AthletikZentrum ist zehn Jahre in Betrieb; die Lerchenfeld-Sanierung liegt 13 Jahre zurück). Heute (!) wird dem Parlament die Schlussabrechnung vorgelegt. Was also soll man tun? Das Geld ist schon ausgegeben, und das Personal, welches diese Fehlleistungen vollbrachte, ist längst nicht mehr da. Die heutigen Angestellten sind redlich bemüht, diese und noch weitere Altlasten ihrer Vorgänger zu bewältigen. Die Parlamentarier werden mit Aussagen beschwichtigt, dass solche Fehler künftig nicht mehr passieren können. Wir finden das schön. Die meisten Fraktionssprecher übertrumpften sich gestern mit Rügen an die Adresse der involvierten Funktionsträger aller Stufen. Ein SVP-Vertreter und ehemaliges GPK-Mitglied gab freimütig zu, «versagt» zu haben, um dann aber gleich nachzuschieben, damals hätte die GPK sich halt auch noch mit „Sozialem und Sicherheit“ herumschlagen müssen. Eine völlig abstruse Rechtfertigung für das eigene Fehlverhalten. Ins gleiche abstruse Horn stiess gestern die sinngemässe Aussage von SP-Vertreterin Bea Truniger, wonach das Ganze kaum passiert wäre, wenn nur genügend Personal zur Verfügung gestanden hätte. Zähneknirschend und mangels Alternativen hat der Rat den Zusatzkrediten schliesslich zugestimmt. Was die Sache allerdings nicht besser macht…!

Ente gut alles gut!?

Können Sie sich an die „Mainzelmännchen“ im ZDF erinnern, welche jeweils zum Abschluss des Werbeblocks die anfangs falsch zusammengesetzten Buchstaben («Ente») auf dem Bildschirm verschoben haben, bis das richtige Wort («Ende»), herauskam? Die Szenerie erinnert an die gestrige Zweitauflage des Gasttaxenreglements, mit dem sich unser Parlament ebenfalls beschäftigt hat. Der Stadtrat hat damit nun auch schlank einen Teil dessen durchgebracht, was ursprünglich schon geplant gewesen war, nämlich die moderate Erhöhung der Gasttaxen um CHF 1.50. Damit soll den in St.Gallen übernachtenden Gästen ein öV-Ticket („Mobility Ticket St.Gallen-Bodensee“) abgegeben werden können. Zusätzlich versucht die Stadt auch, Airbnb-Anbieter (private Ferienwohnungsplattform) gasttaxpflichtig zu erklären, was in der Praxis allerdings ein dornenreicher Weg sein dürfte. Die Mainzelmännchen können zumindest bei diesen beiden Themen (öV-Ticket und Airbnb) nun getrost das «D» in der Ente einfügen…

Klassik und Oldies gegen Straftaten

Auch wenn die jüngste Vorlage zum moderaten Ausbau der Videoüberwachung in den städtischen öffentlichen Parkgaragen Kreuzbleiche und Rathaus ohne viel Aufhebens angenommen worden ist, so erstaunt es doch, welche längst in der Versenkung vermuteten Geister eine junge SP-Vertreterin wieder herauf beschwor: Maja Dörig outete sich öffentlich als Teil des «videokritischen Flügels» der SP und versuchte wortreich zu belegen, wie wirkungslos, ja gar schädlich die vorgesehene Videoüberwachung sei. Ich weiss nicht, in welcher Zeit sich diese Ratskollegin wähnt. Aber wenn selbst ihre Partei die Fundamentalopposition gegen eine vernünftige und kontrollierte Videoüberwachung längst aufgegeben hat, wie kann Maja Dörig allen Ernstes noch daran glauben, mit freundlichen Farben und mit «Klassik und Oldies-Beschallung» Straftaten in Tiefgaragen wirksam zu verhindern bzw. aufzuklären? Denn immerhin tragen die technischen Hilfsmittel einiges dazu bei, das subjektive und eben auch das objektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu steigern. Nun denn: Maja Dörigs bemerkenswertes Votum gipfelte in der Aussage, wonach «Kameras Placebos subjektiver Sicherheit» seien. Dem ist wahrlich nichts mehr beizufügen!