Junisitzung des Stadtparlaments

Zahlenbeigen:

Die letzte Sitzung vor der Sommerpause stand traditionsgemäss im Zeichen der Verabschiedung der Rechnung 2014 und der damit verbundenen Zahlenakrobatik. In erster Linie „turnt“ dabei die Geschäftsprüfungskommission (GPK), in zweiter Linie ist die Reihe schliesslich an den Fraktionen und dem Parlament. Dieses Jahr hatte das Stadtparlament als Folge des Kinderfests zunächst jedoch vier weitere Traktanden zu behandeln. Um mit den unspektakulären Geschäften zu beginnen: Das Parlament winkte ein Provisorium für den Mittagstisch im Schulhaus „Feldli“ durch und bewilligte im Rahmen eines Verpflichtungskredits eine Autodrehleiter für die Berufsfeuerwehr. Mit der gebotenen Routine ging die Wahl von Beat Rütsche (CVP) in die GPK als Ersatz für Fabian Koch über die Bühne. Letzterer hatte seinen Rücktritt erklärt – ein weiterer in dieser an vorzeitigen Abgängen ohnehin reichen Legislatur…

Kirchlistrasse 2:

In seltener Eintracht hat das Parlament danach eine Vorlage zurückgewiesen, die schon in den beiden vorberatenden Gremien – der Bau- sowie der Bildungskommission – keine Gnade gefunden hatte. Die Schulverwaltung als Bestellerin wollte das anerkannte Platzproblem im Schulhaus Rotmonten lösen und zu diesem Zweck das alte „Schulhüsli“ an der Kirchlistrasse 2 für brutto Fr. 3,8 Mio. Franken umnützen, um so Betreuungsangebote im Gebiet Rotmonten/Gerhalden zu schaffen. Dadurch wären dringend notwendige Schulzimmer im Schulhaus Rotmonten für die wachsenden Schülerzahlen freigespielt worden. So weit, so gut. Allerdings unterliess es die Schulverwaltung, dem Parlament in nachvollziehbarer Weise darzulegen, weshalb gerade diese (teure) Lösung die beste sei. Uns hätte es schon noch interessiert, welche Alternativen aus welchen Gründen verworfen worden sind. Das Parlament hat die Vorlage folgerichtig an den Absender zurückgeschickt, verbunden mit dem Auftrag, Varianten aufzuzeigen und das Geschäft – möglicherweise mit geändertem Antrag – dem Rat wieder vorzulegen. Die Stadträte Patrizia Adam und Markus Buschor hatten wortreich versucht, das Parlament umzustimmen. Vergeblich. Vielleicht erweist sich die gestern zurückgewiesene Variante am Ende dann doch als „beste“ Lösung. Trotzdem kann ein Parlament ein solch teures Vorhaben auf der Basis einer derart dünnen Faktenlage nicht mit gutem Gewissen bewilligen. Als Volksvertreter ist es unsere Pflicht, den Wählern erklären zu können, weshalb wir etwas beschliessen oder ablehnen. Auch gilt es zu bedenken, dass verschiedene andere Schulquartiere – bei streng objektiver Betrachtung – auf wohl dringendere Vorhaben warten müssen (denken wir nur an den Neubau des Schulhauses Riethüsli). Vor diesem Hintergrund sind vorgezogene Investitionen von fast 4 Mio. Franken für ein Betreuungsangebot kaum zu erklären respektive nachzuvollziehen. Von der Finanzierung eines solchen Projekts wollen wir gar nicht erst reden.

Unschöner Abgang:

Der letzte Auftritt des früheren Parlamentspräsidenten und CVP-Parlamentariers Fabian Koch im Rat geriet zur Peinlichkeit. Er beantragte – das war sein gutes Recht – im Rahmen der Behandlung der Nachtragskredite die Errichtung einer Vorfinanzierung zum Ausbau der Mütter- und Väterbetreuung und zum Ausbau des Angebots an Krippenplätzen. Das Geld dazu (4 Mio. Franken) sollte durch die Reduktion verschiedener Einlagen in bestehende Spezialfinanzierungen „Steuern“ (ein „Topf“ zur Abfederung der Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform III) sowie durch Entnahmen bei der „Besitzstandwahrung Pensionskasse“ (ein „Topf“ zur Finanzierung der Besitzstandswahrung für städtische Angestellte im Zusammenhang mit dem Primatwechsel) kommen. Man ahnt es: das Vorhaben war wenig durchdacht und wäre eigentlich schon an der rechtlichen Machbarkeit gescheitert. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte Fabian Koch sein Ansinnen aufgegleist und zu diesem Zweck u.a. beim Rechtskonsulenten der Stadt die rechtliche Zulässigkeit prüfen lassen. Dieser beschied ihm allerdings Negatives: der Kochschen Idee drohte das Schicksal der Güterbahnhofpassarelle, für welche vor vielen Jahren Geld auf die Seite gelegt worden ist. Dieses Geld ist seither rechtlich blockiert, da es bis zum heutigen Tag kein konkretes Güterbahnhofprojekt gibt. Fabian Koch liess sich allerdings nicht von seinem Vorhaben abbringen, weil offensichtlich nicht sein kann, was seiner Meinung nach nicht sein darf. Er verstieg sich sogar zur Entgleisung, den Rechtskonsulenten bzw. dessen Meinung öffentlich als „schmalbrüstig“ zu qualifizieren, was wiederum den Stadtpräsidenten zu einer für ihn ungewohnt spitzen Bemerkung veranlasste. Richtigerweise stand der Rat dem Antrag Koch von Anfang an mit grosser Skepsis gegenüber. SP-Fraktionschef Daniel Kehl lieferte schliesslich das Bonmot des Tages. Er sprach von einem „verführerischen Köder“, den er allerdings nicht schlucken könne. Die SP, so Kehl, sei ja bisweilen nicht schlecht im Geldausgeben (sic!). Aber diese Idee sei schlicht unredlich. Diesem Satz gibt es nichts hinzuzufügen. Ausser das aufrichtige Bedauern um den unrühmlichen Abgang eines sonst durchaus vernünftig politisierenden bürgerlichen Parlamentariers. Wir wünschen Fabian Koch an dieser Stelle trotzdem alles Gute und danken ihm für seinen Einsatz für die Öffentlichkeit und die bürgerliche (wenn auch nicht immer liberale…) Sache.

Rechnung:

Und dann wurden tatsächlich noch Zahlen gewälzt und neben den Nachtragskrediten die Jahresrechnung sowie die verschiedenen Geschäftsberichte abgearbeitet. Wenig Aufregendes gibt es da zu berichten. Ausser vielleicht, dass es gestern heiss war. Im Übrigen wurden die gleichen Gemeinplätze kultiviert, welche die Rechnungssitzungen schon in der Vergangenheit geprägt hatten: Die SP kritisierte, dass der Jahresabschluss wiederum besser ausgefallen sei als seinerzeit im Budget prognostiziert. Garniert wurde diese Feststellung mit der obligaten Schimpftirade an die Adresse der Bürgerlichen, welche Angstmacherei betreiben und das Budget künstlich knapp halten würden. Die rechte Ratsseite ihreseits monierte (dies zu Recht!) das strukturelle Defizit unserer Stadt. Sie rief zu weiterer und nachhaltiger Sparsamkeit auf. Dabei wurden die Bürgerlichen klug sekundiert vom Stadtpräsidenten, dem obersten Kassenwart unserer Stadt. Thomas Scheitlin zeigte in nachvollziehbarer Weise auf, dass St.Gallen zwar wieder (oder noch) wächst und damit einen positiven Effekt erzielt. Gleichzeitig nehmen die Ausgaben aber in einem stärkeren Ausmass zu, was nach Adam Riese auf lange Frist nicht aufgehen kann. Griechenland grüsst aus der Ferne.
Die Rechnung 2014 – das sei an dieser Stelle gesagt – schliesst zwar wesentlich besser ab als erwartet. Dies ist aber primär auf Sonderfaktoren wie etwa die 13 Mio. Franken-Spende der Spühl-Stiftung zugunsten des neuen Naturmuseums zurückzuführen. Auch das Sparprogramm Fit 13+ zeitigt – allen linken Unkenrufen zum Trotz – eine positive Wirkung. Die wirtschaftlichen Aussichten sind sehr unsicher und die Entwicklung der Stadtfinanzen muss das Ziel verfolgen, die Ertragskraft der Stadt zu stärken, den Investitionsplafonds weiterzuführen bzw. zu halten und den Steuerfuss wenn immer möglich höchstens zu halten, noch besser zu senken. Das wird kein leichtes Unterfangen. Abgesehen von diesem finanzpolitischen Hickhack attackierte die SP – wie jedes Jahr – die Standortförderung (horribile dictu: freisinnig besetzt…).Sie prangerte an, dass die Arbeitnehmenden der Stadt förmlich ausgehungert würden durch die dauernden Sparpakete. Nun ja, wir sehen das halt etwas anders – nichts Neues unter der gleissenden Junisonne.

Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und wünschen allseits einen erholsamen Sommer. Freuen wir uns auf den aufziehenden Wahlherbst. Die Zeichen stehen jedenfalls besser als auch schon…