Februarsitzung des Stadtparlaments

Thomas Meyer will es wissen:

Der neue höchste St.Galler Thomas Meyer (CVP) lässt wirklich nichts anbrennen und beruft das Parlament auch dann ein, wenn es lediglich 3 (in Worten: drei…!) Traktanden zu behandeln gilt. Aufgrund der gestrigen Tagesordnung war es absehbar, dass höchstens eines der Geschäfte allenfalls zu Diskussionen führen könnte. Die beiden andern Geschäfte waren pro forma abzuhandeln. Böse Zungen behaupten, der Präsident habe den Termin nur deshalb nicht fallen lassen, weil das Schweizer Fernsehen SRF aufmarschiert war, um über die ausserordentlich hohe Fluktuation unserer Parlamentsmitglieder zu berichten. Bekanntlich halten es gewisse Parlamentarier (das gilt nicht für die FDP) nur gerade einige Monate aus, bevor sie ihre Sessel im Rat wieder räumen. Ein solch eklatanter Mangel an Sitzleder ist – sieht man von persönlichen Schicksalsschlägen einmal ab – kaum zu begründen.

Welcome back, BDP:

Nun, auch Daniel Koster (BDP) hatte das Parlament nach knapp zwei Jahren verlassen, aus „gesundheitlichen und persönlichen Gründen“, wie es in seiner Begründung hiess. Die BDP bekundete seither ihre liebe Mühe, diesen Sitz wieder zu besetzen – nicht gerade ein Zeichen besonderer Stärke dieser städtischen Kleinstpartei mit bundesrätlicher Vertretung in Bern. An der gestrigen Sitzung hat Ivanka Zuberbühler, ihres Zeichens Aktuarin des Personalverbandes und Kauffrau, die Nachfolge von Fahrlehrer Koster angetreten. Gerüchteweise verlautete, dass Frau Zuberbühler unlängst noch bei einer anderen städtischen Partei angeheuert und nun kurzfristig das Pferd gewechselt habe. Um welche Partei es sich handelt, darüber schweigt des Sängers Höflichkeit.

Pro-forma-Traktanden:

Wie erwartet (besser: befürchtet?) winkte das Parlament gestern tatsächlich zwei Traktanden pro forma durch: Zum Einen wurde eine Zonenplanänderung im Heiligkreuz, zum Andern ein Rahmenkredit für das Sanierungsprogramm für die Elektrizitätsversorgung diskussionslos verabschiedet. Man hätte diese Traktanden problemlos auch an einer der nächsten Sitzungen noch einfügen können, dies hätte wenige Minuten in Anspruch genommen. Mit Verlaub, Herr Präsident: „Fit 13+“ und „Futura“: diese beiden Zauberworte für mehr Sparsamkeit in der Stadtverwaltung, sollten eigentlich auch dem Parlament ein Masstab sein. Denn auch eine Parlamentssitzung kostet Geld und Ressourcen, die anderswo hätten eingesetzt werden können.

 Und ein richtiges Traktandum:

Damit wir nicht ganz für die Katz (oder das Schweizer Fernsehen) tagten, kam beim dritten und letzten Traktandum eine laue Diskussion auf. Die Meinungen zur Zusammenfassung der sozialen Dienste an einem neuen, zentralen Ort an der Haggenstrasse 45 in St.Gallen West waren schnell gemacht und verliefen klar entlang der bekannten Fronten, d. h. zwischen den bürgerlichen Parteien SVP, CVP und FDP einerseits und der SP andererseits. Während erstere den betriebswirtschaftlichen Wert (jährliche Einsparung von mehreren 100’000 Fr.),  aber auch den betrieblichen Sinn der Zusammenlegung von bislang drei verzettelten Amtsstellen lobten, geisselte Peter Olibet (SP-Nachrücker für Angelo Zehr, einen weiteren SP-Kurzzeitparlamentarier) den neuen Standort ernsthaft als „peripher“ und als „Zumutung“ sowohl für die Klienten der sozialen Dienste wie auch für deren Mitarbeitende. Überdies zog Olibet in Zweifel, dass dem gesetzlichen Unabhängigkeitsgebot für die Erwachsenenschutzbehörde KESB nachgelebt werde, wenn diese am gleichen Standort sitze wie die übrigen Sozialdienste der Stadt. Stadtrat Cozzio seinerseits stellte richtig, dass man 3 Zugminuten vom Hauptbahnhof kaum als peripher bezeichnen könne (wörtlich: „Der Bahnhof Haggen liegt nicht am Nordpol“!). Ganz abgesehen davon sei die Unabhängigkeitserfordernis nicht örtlich, sondern vielmehr strukturell und organisatorisch zu verstehen. Aus liberaler Sicht konnten wir uns voll und ganz hinter die stadträtliche Lösung stellen, wenn wir auch mahnend darauf hingewiesen haben, dass auf das noch zu erarbeitende Raumprogramm an der Haggenstrasse angesichts knapper Finanzen ein besonderes Augenmerk zu richten sei und keine „Luxusbüros“ entstehen sollen. Der Rat stimmte der vernünftigen Lösung an der Haggenstrasse gegen die linken Stimmen klar zu.

Fasnacht zum Schluss:

Der schmutzige Donnerstag liegt schon fast eine Woche zurück – dennoch liess es sich unser Parlament nicht nehmen, nochmals närrisch zu werden. Nach knapp 45 Minuten hatten wir die drei Traktanden durchgearbeitet – und wollten zum (kaum) verdienten Feierabend aufbrechen, als ein Ordnungsantrag von SP-Pfarrer-Weber aufhorchen liess: da noch einige Vorstösse zirkulierten, beantragte er dem Rat, die Sitzung einstweilen noch nicht zu beenden und deren Eingang beim letzten Parlamentarier (nämlich bei ihm selbst) abzuwarten. Eine merkwürdige Situation, die das Präsidium leicht verzweifelt aussehen liess. Das Parlament gab dem Antrag statt – und wartete. Geschlagene 15 Minuten später konnte ein erleichterter Thomas Meyer dann die erlösende Glocke läuten und die Sitzung als beendet erklären. Das Beste kommt halt doch zum Schluss….

Und zu allerletzt:

Bei aller Kritik an dieser bei objektiver Betrachtung doch eher unnötigen Sitzung des Parlaments bleibt eines festzuhalten. Immerhin kommen Sie so zu einem weiteren Waaghausticker. Wäre die Sitzung ausgefallen, hätte ich mir diese Zeilen sparen können – was wiederum auch schade gewesen wäre… Ende gut, (fast) alles gut! Danke für Ihr Interesse!