Neuer Stall für „Helene“:
Der ehrenamtlich tätige Nostalgieverein möchte in St.Gallen ein Feuerwehrmuseum einrichten. Ziel ist es, die stolze Geschichte der St.Galler Feuerwehr einer breiteren Öffentlichkeit zu erschliessen. Historische Feuerwehr-Fahrzeuge – allen voran die Benzin-Automobilspritze „Helene“ – das erste Feuerwehrauto der Schweiz – wollen gezeigt sein. Das Museum soll im ehemaligen Gantamt an der Burgstrasse eingerichtet werden. Einen Haken hat das sympathische Projekt allerdings: Seine Finanzierung ist alles andere als gesichert. Und nun kommen einmal mehr die nicht ehrenamtlich tätigen Steuerzahlerinnen und –zahler ins Spiel. Eine Mehrheit des Stadtparlament gewährte dem Verein gestern sowohl ein unentgeltliches Baurecht als auch weitere finanzielle Unterstützung. Die gegenüber Museumsbauten ansonsten generell aufgeschlossene FDP-Fraktion hatte – Sie ahnen es bereits – mit diesem Begehren ihre liebe bzw. liberale Mühe. Aus unserer Sicht stehen die gesprochenen Mittel in keinem Verhältnis zum Nutzen, der gestiftet werden soll. Jährlich wiederkehrende Kosten von Fr. 32‘000.-, dazu der ebenfalls jährliche Verzicht auf einen Baurechtszins von knapp Fr. 12‘000.- stehen jährlich budgetierte Erträge aus der Saalvermietung (rund Fr. 15‘000.-) und Museumseintritte (Fr. 1‘500.-) gegenüber. Auf die Stadt kommt somit ein weiterer, jährlich wiederkehrender Fehlbetrag von Fr. 27‘500.- zu. Beim städtischen Darlehen an den Verein in der Höhe von Fr. 250‘000.- dürfte es sich zudem faktisch um einen A-fonds-perdu-Beitrag handeln, auch wenn auf dem Papier eine Verzinsung von einem Prozent vereinbart worden ist.
Unabhängig all dieser Zahlen ist die FDP davon überzeugt, dass die Liegenschaft des ehemaligen Gantlokals einer sinnvolleren (sprich: finanziell einträglicheren) Nutzung hätte zugeführt werden können. Das wird durch das nun beschlossene unentgeltliche Baurecht jedoch auf Jahrzehnte hinaus verunmöglicht. Über die Gründe, warum sich die übrigen Fraktionen für die Unterstützung des Museums ausgesprochen haben, darf an dieser Stelle gemutmasst werden. Wir vermuten einerseits Gefälligkeiten unter Parteifreunden zugunsten der Initianten des Projekts (CVP), andererseits die vage Hoffnung, dass in der anstehenden Budgetdebatte vom Dezember Zusagen für ähnlich gelagerte Projekte möglich werden (SP).
Pfalz Ade – oder auf Wiedersehen?
Die FDP-Fraktion hatte vor einiger Zeit ein Postulat eingereicht, um die Frage zu prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen ein dauerhafter Umzug des Stadtparlaments in den Kantonsratssaal möglich wäre. Das Stadtparlament hat sich im Juni dieses Jahres jedoch deutlich gegen einen solchen Umzug entschieden. Stattdessen zeigte es Sympathie für den Vorschlag, das Waaghaus für die kommenden rund 10 Jahre zu „ertüchtigen“, um in dieser Zeitspanne in alle Ruhe die Frage zu erörtern, welche Nutzung für das historische Gebäude im Stadtzentrum langfristig sinnvoll ist. Das Präsidium hat in der Folge einen typischen Kompromissvorschlag in die Diskussion eingebracht. Dieser holt im Grunde das nach, was in den letzten Jahrzehnten an Unterhaltsarbeiten aufgeschoben worden war – ohne dass aber eine gesonderte Baubewilligung erforderlich wird. Denn diese hätte die Kosten rasch in ungeahnte Höhen katapultiert, was wiederum nicht vereinbar wäre mit dem, was der Rat im Juni beschlossen hatte. Aus liberaler Warte können wir mit dem nun vom Parlament abgesegneten Vorgehen durchaus leben. Gleichzeitig geben wir aber die Hoffnung nicht auf, dass mittelfristig doch die Variante „Umzug in die Pfalz“ wieder diskutiert wird und das Waaghaus einer (noch) besseren Nutzung zugeführt werden kann. Zwei Parlaments-Säle in einer Stadt wie St.Gallen sind einer zu viel. In diesem Sinne hat die FDP gestern dem Verpflichtungskredit zur Behebung der dringlichsten Mängel im Waaghaus zugestimmt.
Abrissbirne:
Bereits zweiten Mal beschäftigte sich das Stadtparlament gestern mit dem geplanten Rückbau des alten Seewasserwerks Reit in Goldach. Vor ziemlich genau einem Jahr wurde eine entsprechende Vorlage – aus für uns nach wie vor unverständlichen Motiven – an den Absender zurückgeschickt, verbunden mit dem Auftrag, den „baukulturellen Wert“ des Gebäudes fachlich beurteilen zu lassen. Die geistigen Eltern dieses Auftrags wehrten sich mit aller Vehemenz gegen den Abriss des maroden Gebäudes, das wir damals wie heute als „modrige Bruchbude“ bezeichnen möchten. Die fachliche Beurteilung ist mittlerweile erfolgt, ohne dass die Experten zu einem wohlmeinenderen Schluss gekommen wären. Sie bestätigen die Einschätzung des Stadtrats, wonach das alte Seewasserwerk buchstäblich ein Fass ohne Boden sei. Die Kellerräume und Fundamente stehen im Wasser; der Gesamtzustand der Baute verdient das Prädikat „erbärmlich“. Was man mit einem solchen Gebäude anstellen soll, weiss eigentlich niemand so recht. Die Grünen und Grünliberalen liessen es sich gestern trotzdem nicht nehmen, erneut die Rückweisung zu verlangen, um einen Abriss zu verhindern. Offiziell redeten beide Parteien einer «differenzierteren Darstellung der Situation» das Wort. Die Ratsmehrheit erkannte zum Glück die Absurdität dieses Ansinnens. Von linker Seite hagelte es Kritik an die Adresse „unseres“ früheren Stadtrats und Vorstehers der technischen Betriebe, Fredy Brunner. Er habe das Seewasserwerk absichtlich verlottern lassen, was unverantwortlich sei. Baukommissionspräsidentin Doris Königer überschritt erneut ihre Kompetenzen, indem sie überaus wertend und tatsachenwidrig behauptete, die Baukommission habe die Rolle Brunners ebenfalls gerügt. Das bescheidene Interesse der Standortgemeinde Goldach an einem Erhalt des Gebäudes lassen das damalige Handeln aus heutiger Sicht allerdings als einzig richtig erscheinen, wie auch Stadtrat Peter Jans – notabene ein SP-Parteivertreter – gestern zu Recht sagte. Und er fragte rhetorisch, welche Chancen denn ein Antrag in diesem Parlament gehabt hätte, ein ausgemustertes Gebäude gewissermassen auf Vorrat weiter zu unterhalten. Letztlich verhallte die zum Teil fast unflätige Kritik wirkungslos. Das Parlament ebnete schliesslich den Weg für die Abrissbirne.