erste Maisitzung des Stadtparlaments

Vollversammlung und Unbesiegbarkeit:

Der derzeit höchste St.Galler Heini Seger (SVP) begrüsste gestern vorsichthalber nicht nur die anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier, sondern gleich auch „geschätzte keine Gäste“. Denn die Tribüne im mehr oder weniger ehrwürdigen Waaghaus war zumindest zu Beginn der Sitzung verwaist. Ganz im Gegensatz dazu glänzte das Parlament mit voller Präsenz. Zwei neue Mitglieder wurden willkommen geheissen: Herr Jayakuma Thurairajah (Grüne) sowie Frau Sandra Steinemann (SVP) nahmen erstmals auf unseren „Schulbänken“ Platz. Nachzutragen ist, dass Heini Seger den nicht nur für eingefleischte SVPler etwas schwierig auszusprechenden Namen des neuen Vertreters der Grünen mit Bravour meisterte! Überdies konnte der Präsident des Stadtparlaments zu Beginn der Sitzung mit sichtlichem Stolz verkünden, dass der Sportclub des Stadtparlaments auf ausländischem Boden „weiterhin ungeschlagen“ ist: Der SC Stadtparlament hat die Kollegen aus Salzburg mit 6:3 Toren in die Schranken gewiesen!

Ersatz oder nicht Ersatz, das ist hier die Frage:

Die ersten drei Traktanden waren vordergründig ereignisarme Ersatzwahlen in sogenannte Abordnungen des Parlaments. Die Grünen/Jungen Grünen und Grünliberalen schlugen als Ersatz für die zurückgetretene Sonja Lüthi Frau Nadine Niederhauser als neue OLMA-Verwaltungsrätin vor. Dies führte nicht nur in unserer Fraktion zu Diskussionen; denn wieder einmal wird eine an sich wichtige Abordnung kurz vor Ablauf der Amtsdauer ausgetauscht bzw. durch eine ganz und gar unerfahrene neue Person ersetzt. Nichts gegen Frau Niederhauser, aber sie dürfte in den verbleibenden wenigen Monaten bis zum Ende der Legislatur (Ende 2016) im OLMA-Verwaltungsrat kaum viel bewegen können. Nun, der portierenden Fraktion kann kaum ein Vorwurf gemacht werden, denn gemäss Art. 98 des Geschäftsreglements scheidet ein Mitglied, das während der Amtsdauer aus dem Parlament zurücktritt, auch aus den Abordnungen aus. Das ist im Grundsatz sachgerecht und gerade kürzlich wieder im Präsidium bekräftigt worden. Dennoch hinterlässt v.a. der immer häufigere Wechsel der Parlamentarierinnen und Parlamentarier bei den Wählerinnen und Wählern einen schalen Nachgeschmack. Die Organisationen, in welche „wir“ abgeordnet werden, dürften die parlamentarischen Vertreter überdies je länger desto weniger wirklich ernst nehmen – sie fühlen sich ja ohnehin wie im Taubenschlag. Das ist definitiv nicht Sinn der Sache. Wir haben uns – wie das die Tradition so will – nicht gegen diese Ersatzwahl ausgesprochen, sie aber kritisch hinterfragt. Einige Vertreter der FDP-Fraktion haben sich überdies der Stimme enthalten. Die übrigen Ersatzwahlen in den Stiftungsrat der Stiftung für Arbeit und die Feuerschutzkommission gingen ohne Nebengeräusche über die Bühne.

Mein Hut, der hat drei Ecken:

Das bekannte Kinderlied, das auf eine neapolitanische Melodie zurückgeht, steht sinnbildlich Pate für das nächste Traktandum des gestrigen Abends, das die Rolle der Stadt als Aktionärin zum Thema machen wollte. Das entsprechende Postulat aus SP- und CVP-Kreisen nahm eine alte Diskussion (eigentlich ein alter Hut…) wieder auf. Die Postulanten forderten einen umfangreichen Bericht über die Ziele der Beteiligungen der Stadt an privatrechtlichen Aktiengesellschaften sowie über die Mittel, um diese Ziele zu erreichen. Zahlreiche weitere Anliegen garnierten den Strauss an Fragen. Das Parlament stutzte den Auftrag schliesslich auf einen vergleichsweise sehr schlanken Bericht zusammen. Unter anderem soll der Stadtrat nun darlegen, wie er dem Parlament die Geschäftsberichte der wichtigsten städtischen Beteiligungen zugänglich machen kann. Die Frage, welchen Hut die parlamentarisch abgeordnete Person denn zu tragen hat, wurde schon früher (im Jahr 2007) ausführlich beantwortet. Die entsprechende Antwort ergibt sich letztlich aus dem Gesetz. Wer abgeordnet wird, wird zum Organ der Gesellschaft und hat von Gesetzes wegen die Interessen dieser Gesellschaft zu vertreten – dies natürlich im Interesse der Stadt. Soweit sich diese Interessen nicht mit jenen der Gesellschaft decken, besteht eine Interessenkollision – und der Hut hat dann halt zwei oder gar drei Ecken. Im Extremfall müsste die vom Parlament als Abordnung delegierte Person dann halt in den Ausstand treten. Etrit Hasler – dem ein Hut (egal mit wie vielen Ecken) nach seinem jüngsten Coiffeurbesuch übrigens wieder sehr gut stehen würde – verkündete, dass die SP habe den Bericht „unterkühlt“ zur Kenntnis genommen habe. Die SP würde insbesondere die Ausstandsthematik bei anderer Gelegenheit wieder aufs Tapet bringen. Ähnlich tönte es auch aus dem grünen Lager, die bürgerliche Seite sah das weniger dramatisch. Und Elisabeth Zwicky (FDP) stellte zusammenfassend nüchtern fest, dass die Handlungsfähigkeit eines abgeordneten Vertreters des Parlaments weder durch das Parlament noch die Fraktion beschränkt werden dürfe, was auch Stadtpräsident Scheitlin bekräftigte. Nun, wie dem auch sei – die Hutfrage wird uns mit Sicherheit wieder beschäftigen.

SP für Tiefgarage!

Sie lesen richtig: SP-Vertreter Peter Olibet sprach sich – er war wohl selbst erstaunt darob – für den Bau einer Tiefgarage aus! Konkret geht es um den Rückbau der Tempelackerstrasse zu einem Fuss- und Radweg. Die Ortsbürgergemeinde St.Gallen möchte in diesem Zusammenhang auch den bisher solitären Ackerpark südlich der Geriatrie neu gestalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Ortsbürger planen offenbar, mittelfristig die bestehenden oberirdischen Parkplätze unter den Boden zu verlegen und damit den gesamten heutigen Parkplatz und nicht nur die rückzubauende Strasse zu begrünen bzw. attraktiv zu gestalten. Der Schreibende hat in seinem Votum darauf verwiesen, dass die FDP wiederholt auch den Bau von Tiefgaragen in Quartieren angeregt hat, deswegen aber oft (von linker Seite) harsch kritisiert worden war. Das macht das Votum von ebendieser Seite, hier würde sogar die SP eine Tiefgarage befürworten (wenn auch „bloss“ zur privaten Nutzung, was wir als Klammerbemerkung erwähnt haben möchten) umso bemerkenswerter. Noch besteht also Grund zur Hoffnung, dass man sich auch in vermeintlich starren Fronten bewegen kann. Danke Peter Olibet! Umso erratischer war vor diesem Hintergrund der Rückweisungsantrag der SVP, der darauf abzielte, den städtischen Kostenanteil von Fr. 370‘000 auf Fr. 100‘000 zu reduzieren. Auf entsprechende Nachfrage der linken Ratsseite, wie sich die SVP dies im konkreten Fall denn vorstelle, verhedderte sich SVP-Mann Jürg Brunner heillos. Der Antrag fand keinerlei Gnade und wurde deutlich verworfen.

Von anderen Löchern und ihren Gründen:

Schliesslich befasste sich das Parlament auch noch mit einem anderen Loch, einem sehr tiefen Loch sogar. Eines, das landesweit seinesgleichen sucht und in der Vergangenheit rund 60 Millionen Franken verschluckt hat, ohne den erhofften „Rülpser“ in Form von Erdgas in ausreichend grosser Menge auszustossen. Es geht – sie raten richtig – um das gescheiterte Geothermie-Projekt, das weit über unsere Stadtgrenzen hinaus Beachtung und Respekt gefunden hat, ehe es am 20. Juli 2013 nach einem Erdbeben der Stärke 3.5 jäh endete. In einem Bericht mit dem Titel „Erdgaschance nicht verpassen“ hat der Stadtrat ein entsprechendes Postulat aus der SVP beantwortet. Namens der Postulanten zeigte sich René Neuweiler überhaupt nicht zufrieden mit der Antwort der Stadtväter. Er sah sich sogar „veräppelt“ ob des „schlechten Berichts“, der seine Erwartungen in keiner Weise befriedigte. Er fuhr rhetorisch mit recht grobem Geschütz auf und bezichtigte den Stadtrat, seine Arbeit schlecht gemacht zu haben. Stadtrat Peter Jans machte daraufhin unmissverständlich klar, dass weder die Ausbeutung von Erdgas noch von Warmwasser eine wirtschaftlich vertretbare Alternative zur einstmals erhofften Gewinnung von Erdwärme bedeuteten. Wie es aussieht, dürfte das tiefe Loch vorderhand noch für allfällige wissenschaftliche Zwecke „offen“ bleiben, mittelfristig aber ein für allemal verschlossen werden. Traute Einigkeit herrschte in der Frage, dass das Loch dem Steuerzahler gehört. Die FDP hat über ihre Sprecherin Elisabeth Zwicky klar zum Ausdruck gebracht, dass es unverantwortbar wäre, weitere Millionen zu versenken. Da eine wirtschaftliche Nutzung der Bohrung nicht ersichtlich ist, fordert die FDP einen geordneten Abschluss des Projekts, inklusive einer massvollen Prüfung des allfälligen wissenschaftlichen Nutzens. Danach soll das Loch definitiv versiegelt werden.

Zu guter Letzt:

Gerne möchte ich an dieser Stelle unserem neuen Regierungsrat und kantonalem Bauchef Marc Mächler zu seiner Wahl gratulieren und all jenen, die ihn gewählt haben, herzlich für die Unterstützung danken. Mit Marc Mächler hat die FDP wiederum einen starken, erfahrenen und überaus engagierten „Kopf“ in der Regierung. Wir freuen uns und hoffen, dass dies auch ein gutes Omen für die Stadtparlamentswahlen im September 2016 ist. Wir stehen mit einer starken Liste – der Nr. 1 – bereit! Und wir freuen uns auf Ihre Unterstützung. Danke für Ihr Interesse.