Dezembersitzung des Stadtparlaments

Rekordverdächtig!

Nach einem pünktlichen Beginn um 16.00 Uhr verlangte die Open-end-Sitzung den Mitgliedern des Stadtparlamentes doch einiges an Ausdauer und Geduld ab, bis um 22.00 Uhr die Präsidentin endlich die Glocke läutete. Dazwischen gab es Hin und Her bei den Mehrheiten, Auf und Ab bei der Stimmung, freundliche und weniger freundliche Worte; ganz offensichtlich warf die Budgetdebatte von nächster Woche schon lange Schatten voraus. Das Ganze war zwischendurch zu viel für die Abstimmungsanlage: zuerst weigerte sie sich, die SVP-Stimmen zu zählen, dann gab sie den Geist ausgerechnet beim umstrittensten Traktandum auf, um dann unter dem Applaus der schon arg strapazierten Anwesenden wieder einigermassen ordentlich zu funktionieren. Immerhin, die ersten beiden Traktanden waren unbestritten und wurden ohne gegenseitige Angriffe erledigt. Denn wer wollte schon der Stiftsbibliothek die Unterstützung verweigern, dem unbestrittenen kulturellen Star unserer Stadt?

Wie finden die Touristen den Weg nach St.Gallen?

Die rot-grüne Ratslinke holte mit viel Schwung und wortreich zum Angriff auf die Bürgerlichen aus, verkörpert durch den Verein St.Gallen-Bodensee Tourismus, dessen Bedürfnisse nach einer zeitgemässen Infrastruktur und nach einigermassen gerechten Löhnen für die Angestellten ausgerechnet links von der Mitte keine Gnade fanden. Offensichtlich geht man dort auch davon aus, dass die Stadt St.Gallen so attraktiv sei, dass Werbung überflüssig ist und man allfällige Touristen, die sich zu uns verirren, getrost sich selbst überlassen kann. Auf jeden Fall beantragte die linke Ratsseite, die Erhöhung der Subventionen gegenüber dem Antrag des Stadtrates zu kürzen oder gar ganz darauf zu verzichten. Dass der Jahresbeitrag der Stadt seit 1993 nur unwesentlich angepasst worden war und dafür die Leistungen ausgebaut worden waren, spielte dabei keine Rolle. Selbst SP-Stadtrat Jans, der den Antrag des Stadtrates vertrat, weil sich Stadtpräsident Thomas Scheitlin im Ausstand befand und das Treiben im Saal von der Tribüne aus verfolgte, fand bei seinen Genossen kein Gehör. Nach hartem Ringen, endlosen Voten und zweimaligem Auszählen obsiegte der Antrag des Stadtrates mit 31 zu 30 Stimmen in einem spannenden Auszählungskrimi. Die FDP stand klar hinter der Vorlage des Stadtrates – eine Kürzung hätte für St.Gallen das touristische Abseits bedeutet. Aufatmend konnten wir feststellen, dass nach zwei Stunden immerhin drei von achtzehn Traktanden  erledigt waren …

Parlament kommt von «parlare».

Zu gut Deutsch: in einem Parlament will man sprechen. Der CVP-Antrag auf eine Redezeitbeschränkung wurde denn auch von der Ratslinken, unterstützt von einzelnen Exponenten der SVP, flugs gebodigt, und es ging munter, aber doch immerhin etwas schneller, weiter. Keine grosse Wellen warf der städtische Beitrag an die Sanierungskosten der Mühleggbahn, ebenfalls einer traditionsreichen Institution der Stadt. Der Beitrag wurde einstimmig genehmigt, was den Verwaltungsratspräsidenten der Mühleggbahn auf dem Facebook zu einem kleinen Begeisterungssturm hinriss. Die Frauensprachschule AIDA fand ebenso Unterstützung im Parlament, nicht ohne ein paar Seitenhiebe auf den Kanton und seine Organisationen, die wieder einmal auf dem Buckel der Stadt sparen wollen, indem sie die Kosten verschieben. Nach Behandlung von ein paar Vorstössen war es dann endlich Zeit für die wohlverdiente Pause.

Schule und Jugend.

Mehrere Bauvorlagen im Zusammenhang mit der Sanierung des Schulhauses Hebel und dem Ausbau der Betreuungsstrukturen verursachten keine Aufregung. Es gab sogar Lob für den Stadtrat für sein Verhandlungsgeschick. Erst bei der Erhöhung der Subventionen an den Ostschweizer Verein für das Kind für das Programm «PAT – mit Eltern lernen»,  mit welchem mehrfach belastete Familien betreut werden sollen, fielen wieder harte Worte seitens SP, die einen Kürzungsantrag der SVP scharf konterte. Schlussendlich wurde dann der Antrag des Stadtrates genehmigt.

Sind wir St.Galler Schildbürger?

Obwohl sich nach einigen unbestrittenen Vorlagen langsam Ermüdungserscheinungen zeigten, bewegte ein Zusatzkredit für den Ersatz des Reservoirs und Pumpwerks Speicherstrasse die Gemüter wieder heftig. Das mangelhafte Projektcontrolling führte zu harten Worten seitens der SVP, die es nicht glauben wollte, dass Fluchttüren und Feuerlöscher installiert wurden und niemand merken wollte, dass diese auch noch zu bezahlen waren. Der grünliberale Brunner wähnte sich in Schilda, und die scharfe Schelte von SVP-Brunner trieb Stadtrat Jans arg in die Defensive. Roman Bühler von der FDP stellte nüchtern klar, dass so etwas nicht mehr passieren dürfe.

Versöhnliches Ende.

Erfreulicher war der Bericht zur Zeitvorsorge, wenn auch nicht ungetrübt. Zwar ist das Pionierprojekt noch nicht dort, wo es sein sollte, findet aber bis weit über die Grenzen von St.Gallen hinaus Anerkennung, was sich in einem positiven Medienecho auswirkte. Und da zu guter Letzt der grünliberale Thomas Brunner in weiser Erkenntnis, dass man sich keine neuen Freunde schafft, wenn man um 21.55 Uhr Diskussion eines überflüssigen Vorstosses verlangt, zwar seinem Missvergnügen über die stadträtliche Antwort auf seine Interpellation kurz Ausdruck verlieh, aber auf die Diskussion verzichtete und keine neuen Vorstösse eingegangen waren, fand die Sitzung dann doch noch ein Ende.