Dezembersitzung des Stadtparlaments

Was hat Lebkuchenduft mit dem Budget zu tun?

Streng genommen nichts, und trotzdem: Jedes Jahr im Advent verwandelt sich das optisch sonst nicht sehr ansprechende Erdgeschoss des Waaghauses in einen nach Kerzen, Lebkuchen und Glühwein duftenden Weihnachtsmarkt. Und just in dieser Zeit behandelt das Stadtparlament im Obergeschoss den Voranschlag des Folgejahres. Eine reichlich nüchterne Angelegenheit. Im Rahmen der Budgetdebatte, die normalerweise bis in den späteren Abend dauert (gestern bis 21 Uhr), wird uns Volksvertretern in gedruckter Form vor Augen geführt, was wir das Jahr hindurch so alles an Ausgaben beschlossen haben. Beschlüsse, die meist ohne eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den mittel-bis langfristigen finanziellen Auswirkungen zustande kommen. Dies ist einer der Gründe, weshalb die FDP unlängst einen Vorstoss zur Transparenz betreffend die finanziellen Auswirkungen von Vorlagen eingereicht hat. Der Vorstoss wurde vom Parlament vor Monatsfrist erheblich erklärt.

Rituelle Handlungen:

Die Budgetdebatte ist zwar denkbar ungeeignet, Feierlaune unter den Parlamentariern oder gar dem Gros der Steuerzahler zu verbreiten. Dennoch haftet dem Prozedere etwas Rituelles an, wie dies auch gestern zu beobachten war. Aber der Reihe nach: Nach dem Bericht des GPK-Präsidenten über die Kommissionsberatungen zum Voranschlag beginnt der Reigen der Erstbeurteilungen des vorgelegten städtischen Zahlensalats durch die Fraktionen. Diese Einschätzungen tönen jedes Jahr ähnlich: Während sich alle Fraktionen in ihren Erklärungen redlich darum bemühen, dem Stadtrat und der Verwaltung für ihre Anstrengungen zu danken, gehen die Beurteilungen im Detail rasch auseinander. So negiert die Linke – und dies mit bemerkenswerter Hartnäckigkeit – den Ernst der finanziellen Lage und kündigt munter weitere Forderungen an, die auf zusätzliche Ausgaben abzielen. Aus den Ankündigungen werden Anträge, die dann vom Rest des Parlaments abgelehnt werden. Die SVP ihrerseits reklamiert – wie dies zwischenzeitlich ja auf allen Staatsebenen zur Mode geworden ist – die alleinige Wahrheit für sich und brüstet sich damit, die einzige Partei zu sein, die wirklich sparen will. Nur werde sie auch von ihren bürgerlichen Mitstreitern regelmässig eingebremst. Die CVP schliesslich pendelt irgendwo in der Mitte des Parteienspektrums und klammert sich an die vorweihnächtliche Hoffnung auf ein weiteres Finanzwunder. Um den bürgerlichen Teil der eigenen Klientel nicht vor den Kopf zu stossen, anerkennt sie grundsätzlich den Ernst der (finanziellen) Lage. Und die FDP? Auch unsere Partei wiederholt jedes Jahr ihre Überzeugung. Wir betonen, dass der Selbstfinanzierungsgrad bei den Investitionen von lediglich 57% zu niedrig und der Aufwandüberschuss (sprich das Defizit) von heuer 6,6 Mio. Franken zu hoch ist. Dies gilt umso mehr, als die Verschuldung der Stadt nun wieder angewachsen ist, was auch das strukturelle Defizit von 20 Mio. Franken weiter nährt.

SP auf Abwegen:

Die SP sang in der Detaildebatte von gestern wieder einmal das Klagelied von den viel zu tief bemessenen und ungerechten Löhnen. Und sie betonte, dass die Saläre beim Staat in den vergangenen Jahren nur minim gestiegen seien. Triefende Kritik gab es – das gehört zu den roten Gebetsmühlen – für das Lohnsystem der Stadt, das 24 Abstufungen kennt und leistungsbezogene individuelle Lohnerhöhungen (Leistung muss sich lohnen!) im Rahmen des gewährten Budgets ermöglicht. Die Anwendung dieses Systems sei für die Vorgesetzten sehr schwierig und mühsam – ach so…! Um den Vorgesetzten ihre peinvolle Entscheidung abnehmen zu können, beantragte die SP den Griff zur finanziellen Giesskanne und forderte zusätzlich zur unbestrittenen Lohnsummenerhöhung von 1 Prozent eine generelle Reallohnerhöhung von 0.8 Prozent, was für die Steuerzahler Zusatzausgaben von 1.7 Mio. Franken zur Folge gehabt hätte. Diese Summe entspricht rund einem Prozent der jährlichen Steuereinnahmen der Stadt. Dass eine solche Reallohnerhöhung gerade den höheren Lohnklassen überdurchschnittlich zu Gute käme, stört die auf ihren Wahlplakaten auf Ausgleich bedachten Linken offensichtlich nicht. Es ist unnötig, diese Logik nachzuvollziehen, da die Mehrheit des Rats den Antrag bachab geschickt hat. Zum Abschluss der Debatte setzte die SP noch Einen drauf: Sie wollte kurzerhand die Planung für den Neubau des Schulhauses Riethüsli wieder um einige Jahre vorziehen. Dies hätte die gesamte, umsichtige und auf lange Sicht ausgelegte Planung des Stadtrates auf den Kopf gestellt, ganz abgesehen davon, dass kaum genügende Planungskapazitäten zur Verfügung stehen würden und stattdessen ein anderes Projekt hintan gestellt werden müsste. Auch dieser Antrag fand im Parlament keine Mehrheit – gut so.

Guter Rat ist teuer:

Im Ergebnis zeigte sich auch dieses Jahr wieder, dass guter Rat in dieser wiederkehrenden Budget-Diskussion teuer ist. Teurer noch als alles, was wir jahrein, jahraus im Parlament beschliessen. Denn: Auf der bürgerlichen Seite haben wir es trotz etlicher und ernsthafter Bemühungen bislang nicht geschafft, uns auf wirklich spürbare Kürzungen des Budgets zu einigen. Über die Ratslinke wollen wir hier gar nicht reden, denn dort – siehe oben – mangelt es schon an der grundlegenden Einsicht, dass sich die finanzielle Lage der Stadt nicht in rosa Farben präsentiert. Die im Vorfeld im bürgerlichen Lager diskutierte Idee einer „symbolischen“ Steuersenkung um 1 Prozent wurde im Rat deutlich – insbesondere auch mit unseren Stimmen – versenkt. Denn: Eine Steuerfusssenkung wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Die Verschuldung würde sich weiter erhöhen. Ebenso würde die Stadt ein gänzlich falsches Zeichen an den Kanton aussenden. Stattdessen müssen wir den Rat dazu bringen, die finanzielle Tragweite seiner Entscheidungen umsichtiger einzuschätzen. Diesbezüglich steht im neuen Jahr eine Antwort des Stadtrats auf einen Vorstoss der FDP an, der die Transparenz der finanziellen Auswirkungen standardmässig und langfristig verbessern soll. Aus Sicht der FDP gehört es zum zwingenden Inhalt einer Parlamentsvorlage, die finanziellen Folgen mittel- und langfristig darzustellen.

Die Budgetdebatte wird ihre Fortsetzung auch im Jahr 2016 finden – so viel ist sicher. Ebenso sicher ist das der letzte Waaghaus-Ticker des Jahres 2015. Wir bedanken uns für Ihr Interesse und Ihre zahlreichen (meist positiven!) Rückmeldungen, die uns freuen und ermuntern. Ein weiteres ereignisreiches Politjahr neigt sich dem Ende zu und mir bleibt, Ihnen von Herzen ein ruhiges und glückliches Weihnachtsfest und dann ein gesundes und sonniges 2016 zu wünschen. Wir freuen uns auf ein herausforderndes Wahljahr auf kantonaler und kommunaler Ebene.