Dezembersitzung des Stadtparlaments

So schön, schön war die Zeit:

Das Stadtparlament hat am Dienstag zum letzten Mal in der alten Besetzung getagt. Und es liess die Dernière gemächlich angehen: Der im Januar turnusgemäss aus seiner Funktion scheidende Ratspräsident Heini Seger (SVP) – er hat in den vergangenen Monaten spürbar Freude am Amt gefunden – begrüsste eine ganze Reihe von langgedienten Mitgliedern zu deren Abschiedsvorstellung. Zu den prominentesten Abgängen zählen zweifellos Stadträtin Patrizia Adam (CVP) und ihre designierte Nachfolgerin sowie formal Noch-Parlamentarierin Maria Pappa (SP). Wir sind schon heute auf die Begrüssung der Neo-Stadträtin im Januar gespannt.

Geben ist selig, auch im Advent:

Im vorweihnächtlichen Schwang genehmigte das Parlament danach sowohl die Subventionserhöhung an die Stiftsbibliothek (Fr. 30‘000.-) als auch die jährlich wiederkehrenden Beiträge der Stadt ans St.Galler Fest (Fr. 50‘000.-) Auch wir stimmten den entsprechenden Anträgen zu; schliesslich sind beide Institutionen – etwas Wohlwollen vorausgesetzt – eng mit dem städtischen Leben verbunden und auf ihre jeweilige Weise für die St.Gallerinnen und St.Galler identitätsstiftend. Dass die Voten im Rat in Bezug auf das St.Galler Fest um eine Nuance kritischer ausfielen, mag den individuellen Präferenzen der Absender zugeschrieben werden.

Wer mitredet, der soll auch mitzahlen:

Und ja: Die Frage ist berechtigt, weshalb der Steuerzahler beim St.Galler Fest zur Kasse gebeten werden soll. Die Antwort ist simpel: Ein professionell strukturiertes OK um die stadtbekannten Persönlichkeiten Milo Stössel und Bruno Bischof setzt jedes Jahr viel daran, ein Fest auf die Beine zu stellen, das die Massen anlockt und Gelegenheit für ein ausgelassenes Zusammensein bietet. Der Verfasser dieser Zeilen ist als Mitglied des politischen Beirats des Organisationskomitees – wenn auch sehr untergeordnet – Teil dieser Organisation. Die städtische Politik hat in den vergangenen Jahren laufend ihre Wünsche und operativen Verbesserungsvorschläge rund um das Fest eingebracht.  Und wer mitredet, sollte am Ende auch mitzahlen. In Bezug auf das St.Galler Fest hat sich dies bereits in der Vergangenheit bewährt.

St.Gallen fährt Velo:

Genau das wird sich erst noch weisen müssen! Das Parlament hat zumindest schon mal bereitwillig die finanziellen Stützräder erneuert und einen wiederkehrenden Betrag von maximal Fr. 180‘000.- an die notorisch ungedeckten Kosten für den Betrieb der Velostationen gesprochen. Dass diese Summe ausgerechnet aus der Spezialfinanzierung für Parkplätze und Parkhäuser gespeist wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Paradoxerweise budgetiert die Stadt für das kommende Jahr Mindereinnahmen von rund Fr. 600’000.- bis Fr. 700’000.-, weil Parkplätze aufgehoben werden. Die FDP-Fraktion hat dem Betrag zugestimmt, aus liberaler Sicht aber zugleich darauf hingewiesen, dass wesentlich mehr unternehmerischer Geist gefragt wäre, um die defizitären Velostationen und -Abstellplätze wirtschaftlich(er) zu machen. Zeit dazu, sich neue Modelle einfallen zu lassen, hätten die Verantwortlichen weissgott genug. Weshalb wird nicht ein rundum-Service gegen Entgelt angeboten? Es bräuchte halt mehr zupackende statt hohle Hände, oder anders gesagt: etwas weniger Ideologie, dafür mehr Ideen!

Budget-Ritual:

Und dann arbeitete sich das Parlament am alljährlich wiederkehrenden Ritual ab. Eingangs zeigten sich die Fraktionen dabei allerdings gesitteter als auch schon. In den Eintretensvoten brachten sich in grundsätzlicher Art und Weise zum Budget 2017 in Stellung. Die SVP kündigte bereits an, eine Steuerfussreduktion um 4 Prozent zu beantragen, darüber hinaus zeigte sie sich grundsätzlich aber zufrieden mit den von der Stadtregierung vorgelegten Zahlen. Anders die FDP, die sich ob der zaghaften Sparbemühungen des Stadtrates ernüchtert und enttäuscht äusserte. Die Aufzählung des Fraktionsvizepräsidenten Felix Keller stellt dem Stadtrat wahrlich kein gutes Zeugnis aus. Die Verschuldung wächst an, und die steigenden Steuereinnahmen werden gleich «verkonsumiert». So sieht das Budget 2017 die Schaffung von über 19 neuen Stellen vor, ohne dass gegenüber dem Parlament sichtbar dargelegt wird, inwiefern sich Regierung und Verwaltung um interne Verlagerungen und Umschichtungen innerhalb des bestehenden Personaletats bemüht hätten. Auch kritisierte Keller zu luxuriöse öffentliche Bauten. Die CVP gab sich versöhnlicher, aber auch unbestimmter. Sie lobte einerseits den Abschluss, um dann aber trotzdem die mangelnden Sparbemühungen des Stadtrats zu kritisieren – und sie äusserte „Sympathie für das Ansinnen der SVP“, den Steuerfuss um 4 Prozent zu reduzieren. Die SP schliesslich zeigte sich zufrieden mit dem Budget und bemühte das Prinzip Hoffnung. Denn sie weiss bereits heute, dass die Rechnung der Stadt auch in den nächsten Jahren besser abschliessen wird als budgetiert. Dass sie sich gegen eine Steuerfussreduktion wehrte, überraschte niemanden. Die Grünen, jungen Grünen und Grünliberalen liessen indes verlauten, dass «steuersensitive» Bürger wohl besser nach Teufen oder Mörschwil ziehen sollten. Das wiederum ist eine eigenartige Aussage, an die man sich zu gegebener Zeit erinnern sollte.

Rohrkrepierer:

Und dann kam er – der vielbeachtete Tiefpunkt des Abends! Nachdem der Rat in der Schlussabstimmung den SVP-Antrag auf Reduktion des Steuerfusses erwartungsgemäss abgelehnt hatte (mit 37 zu 25 Stimmen), lancierte die FDP stellvertretend für das bürgerliche Lager einen Antrag auf ein sogenanntes Budgetreferendum. Dieses hätte zur Folge gehabt, dass das gesamte Budget 2017 dem Volk zur Abstimmung unterbreitet worden wäre. Die Verwaltung hätte diese Massnahme gewiss ohne bleibende Schäden überlebt, und die Bürgerinnen und Bürger hätten die Gelegenheit erhalten, einen Grundsatzentscheid zu fällen. Denn im Parlament selbst sind jegliche Spardiskussionen von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil sich im Einzelfall kaum je Mehrheiten finden, um Partikularinteressen abzuwehren. Unsere Ansicht, das Volk anzurufen, löste letztlich einen regelrechten Sturm der Entrüstung auf der linken Ratsseite aus. Dieser gipfelte im reichlich absurden Vorwurf der Demokratiefeindlichkeit. Der Stadtpräsident seinerseits zog alle Register, das Parlament von einem Ja zum Budgetreferendum abzuhalten – im Wahrnehmung seiner Rolle natürlich nachvollziehbar. Und so kam es, wie es kommen musste. Die bürgerliche Phalanx hielt nicht stand, wobei die CVP ihre Rolle als Sollbruchstelle dieser Koalition zuverlässig spielte. Aufgrund der Aussichtslosigkeit des Unterfangens zog die FDP ihren Antrag noch vor der Abstimmung zurück.

Zu guter Letzt:

Niederlagen sollen uns nicht davon abhalten, uns weiterhin mit aller Energie für die liberale Sache einzusetzen. Ich danke Ihnen namens der ganzen Fraktion herzlich für Ihre Unterstützung und Ihr Interesse im zu Ende gehenden (Wahl-)Jahr. Ich entbiete Ihnen meine besten Wünsche für ein ruhiges und lichterfülltes Weihnachtsfest und dann ein gesundes, glückliches – und liberales 2017!