Augustsitzung des Stadtparlaments

Wir sind wieder da!

Die Sommerpause ist vorbei. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Stadt wieder belebt ist und das St.Galler Fest trotz misslicher Witterung sehr gut besucht war. Auch die Politik meldet sich zurück. Nach dem Poli-Tisch-Auftakt der FDP von letzter Woche zu den Stadtratswahlen im brechend vollen Pfalzkeller hat sich gestern Dienstag auch das Parlament wieder versammelt. Es tat dies ausnahmsweise im Kantonsratssaal, da das Waaghaus gegenwärtig einer – sehr moderaten – Auffrischung unterzogen wird. «Ertüchtigung» nennt sich dies im hippen Architektendeutsch. Ich kann es mir an dieser Stelle nicht verkneifen. Es wurde gestern wieder einmal Allen vor Augen geführt, wie sehr sich der würdig ausgestaltete Kantonsratssaal für die Sitzungen des Stadtparlaments eignen würde. Es gibt dort eine digitale Abstimmungsanlage, welche reibungslos funktioniert, es hat genügend Platz für Gäste sowie die Parlamentarier und deren Sitzungsunterlagen, dazu noch Steckdosen und eine gute Akustik. Aber wie wir wissen und wie es an dieser Stelle auch schon mehrfach beklagt worden ist, hat das Stadtparlament einen Grundsatzentscheid für den Verbleib im Waaghaussaal gefällt. Das gilt es zu akzeptieren. Und trotzdem dürfte uns das Thema über kurz oder lang wieder beschäftigen …

Mir sind mit dem Velo da…

Manchmal nehmen wir aber auch das Auto oder ein anderes Verkehrsmittel! Eine Feststellung, die uns mitten in den Politherbst 2017 führt, welcher sich thematisch bis in den kommenden Frühling hinziehen wird. Doch schön der Reihe nach: Die bürgerlichen Parteien und Verbände (allen voran die FDP, unterstützt durch SVP, CVP, Hauseigentümerverband, Pro City, ACS, TCS, Gewerbeverband und WISG) hatten im Jahr 2016 die Mobilitätsinitiative gestartet. Diese zielt darauf ab, das geltende Verkehrsreglement aus dem Jahr 2009 durch eine wesentlich offenere Version zu ersetzen. Konkret soll die Vorgabe aus dem heutigen Reglement, wonach jedes Wachstum an Verkehrsaufkommen in der Stadt St.Gallen ausschliesslich über den öffentlichen Verkehr aufgefangen werden soll, durch eine Formulierung abgelöst werden, die mehr Flexibilität bringt. Der zu erwartende Mehrverkehr soll mit Hilfe sämtlicher zur Verfügung stehenden Verkehrsträger (in erster Linie dem Langsamverkehr, dem öV und dem motorisierten Individualverkehr) bewältigt werden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt waren die politischen Sommerferien vorbei. Die autokritische Linke unterstellte den Initianten, sie würden einfach mehr Verkehr – und folglich auch mehr Strassen – wollen. Das bürgerliche Lager beteuerte mit dem Hinweis auf die laufende technische Entwicklung, ihm gehe es um eine möglichst offene Diskussion über die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung. Zutreffend bemerkte etwa Heini Seger (SVP), die Vorlage sei weder eine Bauvorlage (für neue Strassen), noch eine «Autoinitiative». Es gehe stattdessen um Mobilität und um flüssigen Verkehr, womit flankierende Massnahmen weiterhin umgesetzt werden könnten. Interessanterweise wurde (von Seiten der Ratslinken) auch immer wieder die Abstimmung zum Güterbahnhof («Staustadt»; Februar 2016) bemüht, welche das Volk bekanntlich haushoch abgeschmettert hatte. Offensichtlich haben die Autokritiker diese empfindliche Niederlage noch nicht verdaut. Die Abstimmung zur Mobilitätsinitiative, welche voraussichtlich im Frühjahr 2018 stattfindet, dürfte einen heftigen Abstimmungskampf provozieren. Hoffen wir, dass es unsere «Forumszeitung» St.Galler Tagblatt dannzumal auch schafft, fair über unser Anliegen zu berichten. Dies hatten wir zumindest bei der Lancierung und Einreichung des Volksbegehrens schmerzlich vermisst. Das Parlament ist mit 35 zu 23 Stimmen bei 3 Enthaltungen dem Antrag des Stadtrats gefolgt und hat unsere Initiative abgelehnt. Damit kommt es zur Volksabstimmung und einer spannenden Auseinandersetzung.

Der nächste Winter kommt bestimmt:

Und mit ihm auch die nächste Volksabstimmung. Im Herbst befinden wir über den weiteren Ausbau der Fernwärme in St.Gallen. Das Vorhaben ist millionenschwer (65 Mio. Franken) und basiert auf dem vom Volk wohlwollend genehmigten Energiekonzept 2050. Die Nutzung von Abfallwärme zur Warmwasseraufbereitung sowie zum Heizen von Wohnraum – da war sich das Parlament gestern mit wenigen Ausnahmen einig – ist sinnvoll und soll weiter gefördert werden. Konkret soll nun die „Phase 2“ eingeleitet werden. Diese umfasst die Erschliessung der Stadt mit Fernwärme gegen Osten hin. Damit setzt St.Gallen als Energiestadt ein nächstes energiepolitisches Signal. Der Haken an der Geschichte ist natürlich – wie könnte es auch anders sein – die Finanzierung. Die 65 Mio. Franken stellen einen veritablen Kraftakt dar und erhöhen den bereits heute beträchtlichen Schuldenberg der Stadtwerke markant. Trotz der finanzpolitischen Bedenken hat das Parlament dem Vorhaben gestern aber zugestimmt. Gemäss den Aussagen der Stadt zeichnet sich ab dem Jahr 2020 eine finanzielle Konsolidierung ab, weil die Stadtwerke von da an wieder eigene Mittel erwirtschaften. Das Dotationskapital soll schliesslich bis zum Jahr 2030 um rund 120 Mio. Franken auf rund 200 Mio. Franken zurückgeführt werden können. Weitere Grossinvestitionen der Stadtwerke sind damit auch auf absehbare Zeit nicht mehr möglich. Am lautesten gegen die Vorlage äusserte sich Einer, der gestern gar nicht anwesend war – SVP-Vertreter René Neuweiler. Seine Kollegin, Manuela Ronzani, verlas den verbalen Rundumschlag ihres Ratskollegen, der erst später in die Sitzung kommen konnte. Auch wenn Neuweilers Kritik inhaltlich zum Teil nachvollziehbar ist, so war die Grenze des guten Stils spätestens dann überschritten, als er den Stadtrat mit einem verwöhnten Kind verglichen hatte. GLP-Sprecher Thomas Brunner hob seinerseits zu einer seiner berüchtigten Grundsatzreferate an, welches den Rat gestern allerdings eher ratlos zurückliess… Treffend formulierte es SP-Vertreter Beat Weber: Die Länge der Debatte verhalte sich proportional zur Bedeutung der Vorlage, weshalb diese ruhig noch etwas weitergehen dürfe. Die Debatte zog sich in der Folge tatsächlich hin, am zustimmenden Entscheid des Parlaments änderte sich freilich nichts. Das St.Galler Stimmvolk wird im Herbst zur Vorlage Stellung nehmen können.

Fürio:

Im weiteren Verlauf der Sitzung hat das Stadtparlament zwei weitere «Ertüchtigungs-Vorlagen» genehmigt: Zugunsten der Milizfeuerwehr werden an den beiden Standorten Espenmoosstrasse und Haggenstrasse verschiedene Sanierungsarbeiten und Umbauten realisiert. Diese waren weitgehend unbestritten. Vertreter verschiedener Fraktionen, u.a. auch der Schreibende, haben die Gelegenheit genutzt  und den Feuerwehrleuten für ihren freiwilligen Einsatz gedankt. Das Milizprinzip findet in diesen Organisationen eine sehr sinnvolle Ausprägung, was ganz dem liberalen Denken entspricht. In unzähligen Übungsstunden trainieren die Freiwilligen den Ernstfall – zum Wohle der ganzen Bevölkerung. Da ist es nur billig, eine entsprechend leistungsgerechte Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Anlass zu Diskussionen gab einzig eine Photovoltaikanlage, die seitens der Grünen überfallartig beantragt worden war. Die Installation solcher Anlagen werde jeweils routinemässig geprüft, belehrte Stadträtin Pappa die Antragsteller. Im konkreten Fall sei eine solche Installation aber nicht zielführend und prioritär, da das Dach nicht Teil der Umbauten sei. Gut und richtig so! Der Rat hat den zusätzlichen Bau einer  Photovoltaikanlage folgerichtig auch abgelehnt.

Grün – orange – rot:

Mehr grün für alle. So lautet der einprägsame Titel eines Postulatsberichts, der gestern im Rat behandelt worden ist. Der Bericht liefert eine Auslegeordnung der erreichten Verbesserungen im Veloverkehr sowie einen Ausblick auf die geplanten Massnahmen. Wie bei solchen Themen üblich, fordert die velofreundliche Seite des Rates noch zusätzliche und noch schnellere Verbesserungen. Sec konstatierte SVP-Vertreter Heini Seger, dass dies Alles ja gut und recht sei. Die schnellsten Verbesserungen würden sich einstellen, wenn Velofahrende (!) sich endlich auch an die Verkehrsregeln halten respektive die (teuren) Lichtsignal-Knöpfe nutzen und dann schliesslich auch die Lichtsignale beachten würden. Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.