Aprilsitzung des Stadtparlaments

„Tag der Arbeit“ für das Parlament:

Das Stadtparlament hat den Lenz gestern mit der Behandlung von acht Traktanden eingeläutet – und dies ausgerechnet am Tag nach dem Tag der Arbeit! Einschränkend sei jedoch gesagt, dass es sich bei den ersten beiden Geschäften lediglich um Formalitäten handelte. So galt es einerseits, eine Nachwahl in den Verwaltungsrat der Cityparking St.Gallen AG vorzunehmen, andererseits wollte auch die Nachfolge des Stadtschreiber-Stellvertreters geregelt sein. Die Wahl von Stadtrat Peter Jans in den Verwaltungsrat der CityParking AG verdient an dieser Stelle aus zwei Gründen trotzdem eine besondere Erwähnung. Erstens weicht der Stadtrat damit von seiner bisherigen Praxis ab, kein Mitglied aus seinen Reihen in den Verwaltungsrat der CityParking AG zu entsenden. Als „Lehre“ aus einem Urteil des kantonalen Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 zu den OLMA-Bauabsichten hatte der Stadtrat festgelegt, künftig „nur“ noch einen Chefbeamten in den Verwaltungsrat der CityParking AG zu delegieren. Das Gericht hatte den Stadtrat seinerzeit dafür gerüffelt, dass Stadtpräsident Thomas Scheitlin als Verwaltungsratspräsident der OLMA Messen über die Einsprache gegen einen Sondernutzungsplan (mit)befinden konnte. Aus Sicht der FDP handelt der Stadtrat richtig. Es hat sich gezeigt, dass es gute Gründe dafür gibt, einen Vertreter der städtischen Exekutive – die Stadt ist Hauptaktionärin der Cityparking AG – im Gremium zu installieren. Inwieweit sich die Wahl von Peter Jans allerdings bewähren wird, wird sich in der Praxis zeigen müssen. Wir erinnern daran, dass sich ausgerechnet Peter Jans in seiner Zeit als VCS-Geschäftsführer negativ in Bezug auf die Verkehrspolitik der Stadt im Allgemeinen und zu Projekten der Cityparking AG im Besonderen geäussert hatte. Allerdings – und das sei hier der Fairness halber auch angemerkt – hat er sich seit seiner Wahl in den Stadtrat auch immer wieder dafür ausgesprochen, oberirdische Parkplätze in den Untergrund zu verlegen. Dies entspricht im Übrigen auch den Richtplanzielen der Stadt. Wir sind zuversichtlich und zählen darauf, dass Stadtrat Jans seine Rolle korrekt und konstruktiv ausfüllen wird.

Richtplan-Zwängerei:

A propos Richtplan: Es folgte eine Diskussion um eine von der Ratslinken eingebrachte Motion zum übergeordneten Strassennetz. Den Motionäre ging es darum, den Richtplan der Stadt St.Gallen im Bereich Verkehr anzupassen – und zwar «zukunftstauglich», wie es programmatisch und vielversprechend hiess. Die Debatte folgte der gewohnten links-rechts-Bruchlinie, endete aber eher überraschend: Das Parlament folgte dem Stadtrat und erklärte die Motion als nicht erheblich. Einerseits rannte der Vorstoss offene Türen ein, da eine Überarbeitung des Richtplans ohnehin für das Jahr 2018 angesetzt ist, andererseits ist die Motion schlicht das falsche Mittel, eine Richtplanrevision anzustossen. Übrig bleibt ein schaler Nachgeschmack. Wir vermuten, dass es den Motionären gestern letztlich nur um ideologisch geprägte Spielchen ging.

Wider unnötige Regulierung:

Die hauchdünne bürgerliche Mehrheit trug gestern noch einen zweiten Sieg davon: In einem weiteren Vorstoss verlangten verschiedene linke Ratsmitglieder, dass der Stadtrat ein Parkplatzreglement ausarbeiten müsse, wie dies im Richtplan dem Grundsatz nach auch vorgesehen ist. Die Ratsrechte – und mit ihr die FDP – argumentierten dagegen, dass die Stadt St.Gallen bislang auch ohne ein solches Reglement gut gefahren sei, auch wenn die Rechtssicherheit in Einzelfällen zugegebenermassen etwas strapaziert wird, weil sich die Stadt «nur» auf die Verbandsnormen des VSS (Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute) abstellt. Ob dies jedoch zusätzliche Regulierungen respektive Beschneidungen der Freiheiten der Bürger rechtfertigt, darf bezweifelt werden. Neue Regeln führen in letzter Konsequenz zu mehr rechtlichen Auseinandersetzungen, wenn Betroffene mit Entscheiden der Stadt über die Anzahl bewilligungsfähiger privater Parkplätze in einem Bauprojekt nicht einverstanden sind. Das ist aus liberaler Sicht ärgerlich und klar abzulehnen. Für einmal hat dies das Stadtparlament auch so gesehen! Freude herrscht!

Vom Berg und der Maus:

Mit der Abschreibung des Postulats «Historische Klostermauern: Durchblickendes St.Gallen» hat der parlamentarische Berg schliesslich seine nächste realpolitische Maus geboren. St.Gallen hat sich wieder einmal von seiner brötigen, grossen Würfen abgeneigten Seite gezeigt. Die Postulanten aus dem CVP-Lager wollten mit ihrem im November 2011 (!) eingereichten Vorstoss einen Teil der Ausgrabungen am Gallusplatz für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich machen. So löblich die Absicht auch ist, scheiterte die Idee am Ende an den Kosten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich plädiere keinesfalls für eine millionenteure Investition am Gallusplatz. Aber besuchen Sie einmal die Altstadt des allgäuischen Zentrums Kempten und sie werden staunen, wie man Geschichte erlebbar machen kann. Den dortigen Stadtvätern ist ein einzigartiger Wurf gelungen. In den Grundmauern einer alten Kapelle wird mit einer eindrücklichen Multimediashow die Geschichte der Stadt erzählt und greifbar gemacht. Dies alles scheitert in St.Gallen schon daran, dass wir keine Kapelle, sondern «nur» die Grundmauern eines alten Turms gefunden haben. Trotzdem ist es schade, dass wir nicht mehr machen können, als einen Bolzen im Pflasterstein einzulassen und eine Infotafel aufzustellen…

Politisches Schattenboxen:

Die grüne Partei spürt schweizweit den Frühling – könnte man meinen. Auch in der Gallus-Stadt scheint den Jungen Grünen nun ein veritabler Coup gelungen zu sein. Das Parlament hat ihre Initiative für den Schutz des grünen Rings mehrheitlich gutgeheissen und damit den Stadtrat verbindlich verpflichtet, entsprechend bezeichnete Gebiete in der Stadt dauerhaft vor Bebauung zu schützen. Das tönt gut. Bei näherer Betrachtung umfasst die Initiative im Wesentlichen aber genau jene Gebiete, die schon heute geschützt sind. Gut ist, dass diese Initiative nach dem gestrigen Parlamentsentscheid nicht auch noch vors Volk kommt. Gegenargumente gegen das Ziel der Initianten gibt es keine, auch wir wollen den grünen Ring schützen. Dieser ist ein Markenzeichen unserer Stadt, und das soll auch so bleiben. Andererseits soll die Stadt weiter wachsen – was gerade aufgrund des grünen Rings räumlich herausfordernd ist. Verdichtetes Bauen ist gefragt. Bezeichnenderweise gehören gerade jene Kreise, welche die Initiative lancierten, regelmässig zu den ersten Bedenkenträgern und Gegnern einer inneren Verdichtung der Stadt. Wehe dem, der ein höheres Haus oder – horribile dictu – ein Hochhaus errichten möchte! Oder in der Falkenburg eine bestehende Parzelle innerhalb der Bauzone dichter bebauen und damit besser ausnutzen! Es sind oft gerade die Grünen (und auch andere Kreise), welche dann sofort zur Stelle sind, um solche Vorhaben zu bekämpfen. Die wachstumsfeindliche Grundhaltung, die in den gestrigen Voten zum Ausdruck gekommen ist, ist so ziemlich das Gegenteil dessen, was liberale Geister wollen. Wir stehen für eine bauliche und wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt, was eben auch Landreserven erfordert. Irritierend ist die Tatsache, dass die Initianten offensichtlich keine Vorstellung davon haben, wie sie ihr eigenes Ziel umsetzen wollen. Sie werden nicht müde, den Stadtrat – durchaus auch drohend – aufzufordern, ernsthafte Umsetzungsvorschläge zu präsentieren. Dabei leuchtet jedem Vernünftigen ein, dass ein besserer Schutz, als er heute schon besteht, kaum zu erreichen ist.