Aprilsitzung des Stadtparlaments

Kühler Auftakt:

Die Aprilsitzung hat dem Wetter entsprechend verhalten begonnen. Weder die Vorlage zur Erneuerung von Gas- und Wasserleitungen noch jene über die Aufhebung des Reglements über den Schutz vor sexueller Belästigung vermochte zu polarisierten. Und dennoch: für erste Farbtupfer hat gestern die Delegation des Luzerner Stadtparlaments gesorgt. Die Gäste haben unseren Parlamentsbetrieb anlässlich eines Gegenbesuchs von der Tribüne aus wohlwollend kritisch mitverfolgt. Und sie wunderten sich später darüber, dass wir uns gegenseitig „Siezen“, während die Sitzung in Luzern in Mundart abgehalten wird. In der Leuchtenstadt sind es einzig die Vertreter der CVP, welche sich der Sprache Goethes (oder was sie darunter verstehen mögen) befleissigen. Und noch etwas erstaunte unsere Luzerner Kollegen: sie zeigten sich überrascht, wie lange unsere Wortmeldungen sind… eine Beobachtung, die sich unser Parlament gerne zu Herzen nehmen darf.

Irrwege:

Die Aprilsitzung war etwas Spezielles – schliesslich nahm der neue Stadtrat Peter Jans erstmals auf der Stadtratsbank im Waaghaus Platz. Von vielen unbemerkt hatte er sich während der eher langfädigen Beratungen zwischenzeitlich kurz verabschiedet – und dabei prompt statt der Ausgangstüre … die Schranktüre erwischt. Was uns das wohl sagen will? Wie auch immer: Wir wünschen Peter Jans, dass er auf seinem Weg immer einen Ausweg (und bisweilen auch einen Eingang) findet. Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit!

 

Beschäftigungstherapie:

Bei der Behandlung der Motion Königer / Hufenus zum Bahnhof Nord kam es zu einer im Waaghaus nicht seltenen „Cabaret-Einlage“. Das halbe Parlament hatte offensichtlich geschlafen, denn weder zustimmende noch ablehnende noch sich enthaltende Hände waren bei der Abstimmung in genügender Anzahl ersichtlich. Die Abstimmung musste schliesslich wiederholt werden. Das Parlament überwies die in ein Postulat umgewandelte Motion, dies ohne die Stimmen der FDP. Wir vertraten die Ansicht, dass die Verwaltung ihre Kräfte nun besser auf eine gute Planung und Projektierung des städtebaulich bislang weitgehend verunglückten Gebietes nördlich des Hauptbahnhofes richten sollte. Die Mehrheit des Parlaments und auch der Stadtrat selbst befürworteten das Postulat, welches dem Stadtrat die Gelegenheit geben soll, seine Vorstellungen in die politische Diskussion einzubringen. Diese Gelegenheit freilich – das war unsere Position – stünde ihm auch ohne Postulat offen. Nun denn, es sei, wie vom Parlament gewünscht. Wesentlich sind die Resultate der nun lancierten Diskussion. Darauf werden wir unser Augenmerk richten.

„Do it yourself-Taxi“:

Dieser Begriff wurde gestern im Parlament für das Modell des Carsharings („Mobility“) geprägt. Ein Vorstoss aus bürgerlichen Kreisen (auch ein FDP-Vertreter gehörte zu den Interpellanten) thematisierte dieses Geschäftsmodell. Linke Kreise wollten vergünstigte Parkplätze zur Verfügung stellen, was der Stadtrat – unserer Meinung nach zu Recht – ablehnt. Die Debatte führte zu den alten Grabenkämpfen rund um die Parkplatzfrage, diesmal allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Die Linke plädierte für einmal für mehr Parkplätze, derweil die bürgerliche und liberale Seite dies ablehnte. Stadtrat Nino Cozzio brachte es schliesslich auf den Punkt, indem er erklärte, dass die viel beschworenen „gleich langen Spiesse“ eben gerade nicht mit vergünstigten Mobility-Parkplätzen erreicht würden. Denn auch ein „gesharter“ (will heissen geteilter) Wagen ist ein Auto, das Platz beansprucht – gleich wie ein „privates Fahrzeug“. Wollte man das anders sehen, müsste man ja auch anderen Mietautoverleihern vergünstigte Plätze anbieten.

„Femmes-Tisch“ Ade:

Längere Diskussionen löste die Beantwortung eines Postulates zur Frühförderung aus. Mit verschiedenen Frühförderungsmassnahmen versucht die Stadt, kostenintensiven sonderpädagogischen Massnahmen vorzubeugen. Dieses Postulat veranlasste den Stadtrat, zu prüfen, ob das Projekt „Femmes-Tische“ der Caritas in das städtische Elternbildungs- und Integrationskonzept passt. Einmal mehr war man sich in der Grundaussage zwar einig (Frühförderung ist sehr wichtig und kann eine grosse präventive Wirkung entfalten), der Weg der Umsetzung wird indes in den politischen Lagern sehr unterschiedlich beurteilt. Die einen übten scharfe Kritik am Umfang der stadträtlichen Beantwortung des Postulates (40 Seiten!), welche überdies weit über die eigentlich gestellte Frage hinaus Antworten lieferte; die andern brachten Einzelinteressen der von ihnen vertretenen Gruppen ein und riefen nach mehr Mitteln. Der Stadtrat sitzt mittendrin und versucht sich an der Quadratur des Kreises. Angesichts der klammen finanziellen Aussichten hat er – aus unserer Sicht nachvollziehbar – keinen weiteren Ausbau der verschiedenen Angebote vorgeschlagen, aber auch keinen Abbau vorgesehen. So sicher wie das Amen in der Kirche werden wir in der im Dezember anstehenden Budgetdebatte Diskussionen über den Mitteleinsatz führen müssen. Die FDP unterstützt in dieser Thematik im Grundsatz die weitgehend von privater Seite finanzierte und betriebene Organisation Ostschweizer Verein für das Kind; denn trotz vorwiegend privater Initiative fehlt es langfristig an den Ressourcen, um gewisse durchaus anerkannte Projekte weiterführen zu können. Aber: wenn wir im Budget 2016 z.B. für diesen Verein eine Unterstützung zusagen, muss das zwangsläufig Kürzungen andernorts zur Folge haben; was wir als durchaus realistisch ansehen. Man kann sich z.B. mit Recht fragen, ob das in den letzten Jahren stetig besser ausgestattete Jugendsekretariat für den hohen Mitteleinsatz eine adäquate Leistung erbringt. Wir werden solche und noch viele andere Fragen stellen müssen. Und über all diesen Fragen schwebt letztlich immer wieder die Frage des Masses an Selbstverantwortung, welche die „Betroffenen“ solcher Projekte wahrnehmen können, sollen, müssen.

X nicht gleich Y:

Die grüne Parlamentarierin und Chemikerin Veronika Meyer hat das Parlament im Zusammenhang mit der Neupflästerung der nördlichen (Goliathgasse) und mittleren Altstadt (Neugasse) darüber aufgeklärt, dass X eben nicht gleich Y sei. Mit X meinte sie soziale Massnahmen und vergleichbare Finanzierungsbedürfnisse (wie z.B. die oben erwähnten „Femmes-Tische“ oder auch Schulhäuser), mit Y Finanzvorlagen für neue Pflästerungen, die direkt kaum einen Mehrwert für die Menschen schaffen. Nun, man mag Frau Meyers Ansichten teilen. Und man kann sich fragen, ob es wirklich nötig ist, rund 1.5 Mio. Franken für neue Strassenoberflächen in den genannten Gassen zu investieren. Die Beantwortung solcher Fragen ist nicht einfach. Dennoch – das war auch die grossmehrheitliche Haltung des Parlaments und der FDP-Fraktion – sollte man das Eine tun und das Andere nicht gänzlich lassen. Die neuen Pflästerungen sind aus verschiedenen Gründen überfällig und die bestehenden Beläge müssten früher oder später ohnehin erneuert werden. Der Meyerschen Logik zufolge dürften wir eigentlich kaum andere Ausgaben tätigen als solche mit im weiteren Sinne sozialen Auswirkungen. Das geht einem liberalen Herzen dann doch klar zu weit. Ganz abgesehen davon gibt es gerade auch für Infrastrukturvorhaben durchaus auch gute Gründe (erhöhte Attraktivität für die Innenstadt als Ganzes, dadurch qualitativ bessere Wohn- und Geschäftsliegenschaften, „Ohnehin-Kosten“, die sowieso anfallen, Aufwertung eines Quartiers, etc.).  X ist nicht gleich Y, das stimmt. Aber man darf sich auch kein X für ein U vormachen lassen.

Oh Andreas… :

zu guter Letzt noch ein Lacher, wie er nur im Parlament vorkommen kann: FDP-Präsident und Stadtparlamentarier Andreas Dudli meldet sich für ein Votum, erhält vom Präsidenten das Wort erteilt, holt Luft… und muss zusehen, wie der Grüne Andreas Hobi aufsteht und frisch von der Leber zu reden beginnt. Erst das Raunen des Parlaments macht Andreas H. stutzig. Andreas D. ist halt nicht gleich Andreas H. Oder: es ist nicht immer das drin, was draufsteht… „Unser“ Andreas hat dann nach kurzer Irritation sein Votum halten können. Und der „andere“ Andreas letztlich natürlich auch…. Einer nach dem Andern.