Wiesli-Initiative darf kein Präzedenzfall werden

Meinungsbeitrag Konstantin Hälg

Konstantin Hälg, Mitglied des St.Galler Stadtparlaments

Die FDP-JF-Fraktion lehnt die Wiesli-Initiative im Stadtparlament ab

Für einmal erhält das kleine Wiesli neben dem St.Galler Stadtpark grosse Aufmerksamkeit. Die Wiesli-Unterstützerinnen und -Unterstützer wehren sich mit einer Initiative gegen die Überbauungspläne der St.Galler Pensionskasse (SGPK). Das Fleckchen grün müsse erhalten bleiben, um die Natur zu schützen und die sozialen Kontakte in der Nachbarschaft weiter pflegen zu können. In der Stadtparlamentssitzung äusserte die Jungfreisinnige-Fraktion der FDP zwar Sympathien für das Anliegen, sah aber weder die Umwelt noch den sozialen Wert des Wiesli vom Bauvorhaben gefährdet. Das Wiesli könnte hingegen sogar ein Präzedenzfall werden, der Baulandbesitzer und Investoren abschreckt. Deshalb folgte die FDP-JF-Fraktion dem Stadtrat und lehnte das Initiativbegehren einstimmig ab.

«Rettet das Wiesli!», schallt es von einigen Quartierbewohnerinnen und -bewohnern. Sie stellen sich gegen die Überbauungspläne der St.Galler Pensionskasse (SGPK). Auf dem Wiesli im Museumsquartier, 20 Meter neben dem St.Galler Stadtpark, soll ein Mehrfamilienhaus entstehen. Es würde Platz für 13 Zweieinhalb- und Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen bieten. Die Initiantinnen und Initianten wollen den zusätzlichen Wohnraum in der Stadt nicht. Das Wiesli sei ein wichtiger Begegnungsort und eine grüne Oase in der Stadt. Deshalb fordern sie in einer Initiative, dass das Wiesli erhalten und neu einer Grünzone zugeteilt wird.

Ein Bauprojekt für Mensch und Umwelt

Das Wiesli-Grundstück war schon immer Bauzone. Die Pensionskasse hatte es während der letzten Jahrzehnte unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Nun lancierte sie ein Bauprojekt, das eine Ergänzung zum aktuellen Wohnungsangebot bieten würde. Ein Grossteil der Wiese bliebe dennoch erhalten und stände auch weiterhin zur Verfügung. Der Stadtrat legte nahe, dass verdichtetes Bauen die Natur schütze. Wenn weniger Bauland im Umland verbaut wird, kann Natur und Umwelt geschont werden. Zudem existiert mit dem Stadtpark eine grosse Grünfläche in unmittelbarer Nähe.

FDP-JF Fraktion und Stadtparlament lehnen Wiesli-Initiative ab

Die FDP-/JF-Fraktion empörte sich im Stadtparlament über das Vorhaben der Initiantinnen und Initianten. Ein Grossteil des «Wiesli» bleibe schliesslich erhalten. Zudem entstände zusätzlicher Wohnraum in einem Wohnungsquartier, was der Zersiedlung entgegenwirke. Hätte die Initiative Erfolg, wäre sie gar ein negativer Präzedenzfall. Grundstückbesitzerinnen und -besitzer wie auch Investorinnen und Investoren könnten um ihre Eigentumsgarantie fürchten. Andernfalls werden Baulandbesitzerinnen und -besitzer neu auch versucht sein, ohne Rücksicht und Kompromissbereitschaft Grundstücke zu verbauen. Aus diesen Gründen folgte die FDP-JF Fraktion dem Stadtrat und lehnte das Initiativbegehren einstimmig ab.  

Eigentum schützen

Rund eine Stunde dauerte die Diskussion des Geschäftes im Stadtparlament. Schnell war jedoch klar, dass das Begehren nur vereinzelt auf Zustimmung stösst. Aus der Mitte des Rates wurde ein Gegenvorschlag unterbreitet: Die Stadt soll die Wiesli-Parzellen kaufen und stellt diese einer Genossenschaft mit gemeinnütziger Zweckbestimmung entgeltlich zur Verfügung. Für die FDP-/JF-Fraktion war auch dieses Vorgehen inakzeptabel. Es geht nicht an, dass per Parlamentsbeschluss ein privater Eigentümer verkaufen muss! In der Schlussabstimmung lehnen 53 Parlamentsmitglieder die Wiesli-Initiative ab, fünf stimmen zu, eine Person enthält sich. Gleichermassen deutlich verworfen wurde der Gegenvorschlag. Voraussichtlich am 12. März 2023 muss das Stimmvolk über die Initiative befinden.