Waaghausticker Mai 2021

Die ausgewählten Ergebnisse der Parlamentssitzung vom 4. Mai 2021 in der Übersicht:

Sehr geehrte Damen und Herren

Die FDP/Jungfreisinnige-Stadtparlamentsfraktion freut sich, Sie mit der neuesten Ausgabe des Waaghaus-Tickers (eigentlich weiterhin Olma-Ticker) bedienen zu dürfen und Sie damit aus liberaler Sicht über die Ergebnisse der Sitzungen des St.Galler Stadtparlaments zu orientieren. Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre.

Erhöhung Musikschultarife – der Stadtrat krebst zurück

Der Stadtrat wollte die Musikschultarife erhöhen und den Geschwisterrabatt abschaffen. Die SP/JUSO/PFG-Fraktion, die Fraktion Grüne/Junge Grüne sowie die CVP/EVP-Fraktion forderten u.a. mit einer dringlichen Interpellation, die Tarifänderung rückgängig zu machen. Unsere Fraktion hat die Interpellationsantwort des Stadtrats und dessen Entscheid, die Tarifanpassungen auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen, mit Bedauern und Unverständnis zur Kenntnis genommen.

Die Finanzen der Stadt stehen in Schieflage und Massnahmen gegen das strukturelle Defizit müssen ergriffen werden.

Wir unterstützen die Überarbeitung sämtlicher Tarifstrukturen und deren Überprüfung auf ihre Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Sorge bereitet uns die Tatsache, dass jeder vorgeschlagenen Anpassung, seien es Tarifanpassungen im Instrumentalunterricht, die Aufhebung des freiwilligen Werkunterrichts oder andere Massnahmen, sofort harsche Opposition erwächst und gleichzeitig Forderungen nach einem Gratisangebot laut werden.

Auch unser Parlament steht in der Verantwortung, den städtischen Finanzhaushalt im Lot zu halten. Dieser Herausforderung können wir nur begegnen, wenn alle Beteiligten zu Kompromissen bereit sind und wir den Stadtrat in seinen Anstrengungen unterstützen.

Unsere Fraktion war die einzige, die diese Haltung vertrat. Eigentlich erstaunlich – die SVP begrüsste den Rückzug des Stadtrates. Gerade die SVP, die eigentlich überall sparen will. Naja – verstehen muss man nicht alles…

Mietzinsreduktion der Gewerbemieten aufgrund COVID-19-Massnahmen – angebrachte Fortsetzung der Hilfe

Die vom Stadtrat zugesagten Unterstützungen im Zuge der einschränkenden Coronamassnahmen des Bundesrats werden von unserer Fraktion durchwegs gutgeheissen. Wir begrüssen auch, dass der Stadtrat bereits im Januar auf diese Situation aktiv reagiert und die Mietstundungen als Sofortmassnahmen wieder ausgeweitet hat.

Obwohl die Hilfeleistungen aufgrund der globalen Pandemie und die daraus folgenden Entschädigungen grundsätzlich auf Stufe Bund und Kanton entschieden werden, erachtet es unsere Fraktion als lobenswert, dass sich die Stadt St.Gallen als Liegenschaftsbesitzerin zur Bewältigung dieser Krise für unser Gewerbe und die Kultur einsetzt. Wir begrüssen es ebenfalls, dass der Stadtrat in seiner Vorlage aufgenommen hat, dass die Mieterlasse nicht ausgesprochen werden, sollten Härtefallgelder des Kantons bei den Betrieben eintreffen.

VBSG-Flottenerneuerung – 2. Etappe grundsätzlich i.O., aber....

Unsere Fraktion hat sich kritisch mit der VBSG-Flottenerneuerung auseinandergesetzt und ist grossmehrheitlich zum Schluss gekommen, dieses Geschäft zu unterstützen. Wir begrüssen die Bestrebungen der VBSG, die CO2- sowie die Lärmemissionen zu verringern. Dennoch -  die stolze Summe von 42. Mio. CHF ist für uns erheblich, gerade in Anbetracht der städtischen Finanzlage. Es stellt sich auch die Frage, ob die bestehenden Busse tatsächlich bereits End-of-Life sind.

Uns fehlt zudem ein ganzheitliches Verkehrskonzept. Dem Stadtrat müsste es ein dringendes Anliegen sein, die Bus-Staus zu dezimieren, den ÖV effizienter zu gestalten und die S-Bahn besser einzubinden. Ebenfalls müssen S-Bahn und Busnetz besser abgestimmt werden. Das Verkehrsnetz in der heutigen Ausgestaltung ist nicht zukunftstauglich.

Ferner können wir als Fraktion nicht nachvollziehen, weshalb sich der Stadtrat und die VBSG für die dritte Etappe, also die Beschaffungen ab 2025, bereits auf eine Technologie festlegen wollen. Vielmehr wäre es wichtig, dass zu gegebener Zeit eine erneute Evaluation aller infrage kommenden Busmodelle getätigt wird. So wäre sichergestellt, dass wir allfälligen Kostenänderungen und Technologiesprüngen Rechnung tragen.

Veloinitiative – NEIN / JA zum Gegenvorschlag!

Velofahrer haben es in der Stadt St. Gallen schwer! Die topografische Lage in einem Hochtal verlangt den Velofahrerinnen und Velofahrern bei Fahrten in die höher gelegenen Quartiere einiges an Kondition und Muskelkraft ab. Es ist somit wenig verwunderlich, dass in unserer Stadt der Anteil des Veloverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen im Jahr 2015 lediglich 4% betrug. Das ist zwar ein Drittel mehr als noch 2010, verglichen mit anderen Schweizer Städten liegt der St. Galler Wert jedoch klar im Keller. Sogar Luzern weist mit 12% den 3-fachen Anteil aus. Andererseits darf festgestellt werden, dass die St. Galler im Gegensatz zum Velo beim Fussgängeranteil einen Spitzenplatz einnehmen. Als Stadt der kurzen Wege bietet sich das zu Fuss gehen bei uns oft als die optimalste Fortbewegungsmöglichkeit an.

Das Anliegen, den Veloverkehr in der Stadt St. Gallen zu fördern, stösst in unserer Fraktion im Grundsatz auf offene Ohren. So haben wir in der Vergangenheit auch grösseren Bauvorhaben wie der Verbreiterung des Fuss- und Veloweges auf dem Sitterviadukt oder der neuen Passerelle mit Velorampe beim Oberstockenweg zugestimmt. Viele neue Projekte befinden sich bereits in der Pipeline – alleine bis 2025 sind das Bauprojekte in der Höhe von über CHF 17 Mio. Es tut sich also einiges im Tiefbauamt und die Initianten stossen mit ihrer Initiative bereits offene Türen auf. Das Mobilitätskonzept 2040 hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 den Anteil des Veloverkehrs auf 6 % zu erhöhen. Dieses Ziel, oder auch ein Wert von 7 oder 8% erscheint uns mit grossen Anstrengungen erreichbar zu sein – ein Wert von 15%, wie er in der Initiative gefordert wird, muss aber klar als unrealistisch beurteilt werden. Auch fragen wir uns, welche Massnahmen erforderlich sein werden, wenn der Wert von 15% in 10 Jahren erwartungsgemäss nicht erreicht werden sollte. Soll dann mir repressiven Massnahmen der motorisierte Individualverkehr weiter ausgebremst werden? Oder wie ist vorzugehen, wenn sich der Anteil des Veloverkehrs primär zu Lasten des ÖV und des Fussgängerverkehrs erhöht? Das wäre eine Entwicklung, welche kaum im Sinne der linken Initianten sein dürfte.

Für einige Fraktionsmitglieder ist zudem eine Erhöhung der Stellenprozente bei drei Dienststellen um total 150% nicht nachvollziehbar. So hatte noch die Vorgängerin des heutigen Vorstehers der Direktion Planung und Bau, die heutige Stadtpräsidentin, dargelegt, dass eine Erhöhung der Stellenprozente bzw. des Budgets keine signifikanten Auswirkungen auf das Realisierungstempo haben würden, da dieses massgeblich durch Rechtsstreitigkeiten und Ressourcenprobleme beim Kanton geprägt sei. Nur 5 Monate nach der letzten Budgetdebatte ist der Stadtrat plötzlich anderer Meinung – das erstaunt.

Die Fraktion der FDP und Jungfreisinnigen lehnte auf Grund der Festlegung eines minimalen Verkehrsanteiles von 15% für den Veloverkehr die Initiative ab. Eine Mehrheit bekennt sich aber zur Förderung des Veloverkehrs und stimmte dem Gegenvorschlag des Stadtrates zu.

Durch das Parlament wurde die Initiative abgelehnt und der Gegenvorschlag angenommen. Das Stimmvolk hat nun die Wahl.

FDP-Postulat – Kooperationsoffensive, Kundenfokus für den ÖV

Es ist sehr erfreulich, dass der Stadtrat das Anliegen der FDP/JF-Fraktion wohlwollend aufgenommen und beim vorliegenden Postulat Erheblicherklärung empfohlen hat. Damit könnte ein verstärkter Kundenfokus im St.Galler-ÖV Einzug halten. Das Parlament hat unseren Vorstoss erheblich erklärt. Gespannt warten wir nun auf den Bericht des Stadtrates.

 

Felix Keller, Fraktionspräsident            

Elisabeth Zwicky Mosimann, Mitglied des Stadtparlaments